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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 685
(PDF, 127 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0685
der besiegten Festung Rastatt von der
preußischen Militärjustiz standrechtlich
hingerichtet worden. Heinz Holeczek
schildert überzeugend den Lebensweg des
politischen Literaten, der ab November
1847 die Redaktion der Zeitschrift „Republik
" in Heidelberg übernahm und darin
einen „republikanischen Standpunkt" vertrat
. Im Begriff der „roten Republik" verdeutlichte
Elsenhans, daß es mit dem
Sturz der Monarchie allein nicht getan sei,
sondern daß es vielmehr „des Umbaus der
Sozialordnung im Sinne einer größeren
Gerechtigkeit zu einer sozialen Demokratie
" (Holeczek) bedürfe. In der von
preußischen Truppen belagerten Rastatter
Festung redigierte Elsenhans mangels anderer
Beschäftigungen den „Festungsboten
", der in 14 Nummern vom 7.-22. Juli
1849 erschien. Aus den darin enthaltenen
Artikeln leitet sich der stereotype Terrorismus
-Vorwurf ab. Peter Hank weist jedoch
nach, daß in den von Elsenhans verfaßten
und verantworteten Artikeln keine
gewalttätige Gesinnung mit terroristischem
Tenor zum Ausdruck kommt. Ganz
im Gegenteil entwickle der Publizist und
Radikaldemokrat im „Festungsboten" angesichts
des endgültigen Scheiterns der
gesamten revolutionären Bewegung „die
Vision eines sozialen und demokratischen
Deutschlands".

Das war nach Holeczek auch der Grund
dafür, daß sich die Preußen und die badischen
Regierungsbeamten gerade an ihm
zuerst rächten: Er hatte sich ,zu weit aus
dem Fenster gelehnt' und war somit „zum
Exponenten der Revolution für eine soziale
Republik geworden". Da er in seinen
demokratischen und sozialen Forderungen
weit über die bürgerlich-liberalen Ziel vorstellungen
hinausging, so Holeczek weiter
, ist auch in der liberalen Geschichtsschreibung
die Erinnerung an die Person
Ernst Elsenhans' dubios und zweifelhaft
geblieben.

Man wünschte sich in Peter Hanks Beitrag
mehr kritische Distanz zu Ernst Elsenhans
. Dessen revolutionärer Idealismus
und realpolitische Naivität klingen
zwar an einer Stelle an, auch dessen bürgerliche
Vorliebe für Moral und Sittlichkeit
, wirklich thematisiert werden diese
Punkte aber nicht. Dabei werfen gerade
sie die Frage auf, ob jemand wie Ernst Elsenhans
für die heutige moderne Demokratie
ein uneingeschränktes Vorbild sein
kann. Das Bedürfnis nach „Märtyrern
eines demokratischen Deutschlands in
einem freien Europa" (Hank) verträgt sich
dabei nicht immer mit den Anforderungen
kritischer Geschichtswissenschaft.
„Schlaf, mein Kind, schlaf leis/Dort
draußen geht der Preuß' !/Deinen Vater hat
er umgebracht/Deine Mutter hat er arm
gemacht/Und wer nicht schläft in guter
RuhVDem drückt der Preuß' die Augen
zu."

Der Anfang des „Badischen Wiegenliedes
" kontrastiert satirisch die Idylle eines
schlafenden Kindes mit der grausamen
Niederschlagung des badischen Aufstandes
durch preußische Truppen. Martina
Schilling analysiert in ihrem Beitrag „Der
Preuß' spielt auf zum Tanz'! Wie die Badener
zu ihrem Wiegenlied kamen" nicht
nur die Aussagen dieses Stückes demokratisch
-revolutionärer Lyrik, sie geht
auch auf ihren Autor, Ludwig Pfau, ein.
Carl Ludwig Pfau (1821-1894), der als
Gärtner in der väterlichen Gärtnerei in
Heilbronn begann, wurde bald zum
Schriftsteller und Revolutionär. Im Dezember
1847 gründete er in Stuttgart die
satirische Wochenzeitung „Eulenspiegel",
das erste Karikaturenblatt in Württemberg
. Auf einer Volksversammlung in
Göppingen am 26. März 1848, die „wahrscheinlich
unter dem Einfluß der eine Woche
zuvor stattgefundenen Offenburger
Volksversammlung stand" (Schilling),
hätte Pfau am liebsten nicht nur „vaterländische
Vereine" gegründet, sondern gleich
die Republik verkündet. Pfau gehörte
auch später zum radikalen Flügel der Demokraten
, die zusammen mit Baden eine
süddeutsche Republik durch eine bewaffnete
Volkserhebung gründen wollten.

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