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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 694
(PDF, 127 MB)
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Verbreitung der Fototechnik vor dem I.
Weltkrieg und der Materialmangel
während der Kriegs- und Nachkriegszeiten
erklären diese ungleichmäßige Verteilung
.

Die abgegebenen Bilddokumente mußten
arbeitsaufwendig gesichtet, ausgewählt
und geordnet werden. Auch in verschiedenen
Archiven (Gemeinde Sinzheim, Badisches
Tagblatt usw.) wurden die Autoren
des Bildbandes tätig, so daß die Fotosammlung
in zeitgenössischen Zeitungsberichten
und -anzeigen eine Ergänzung
findet. Neben den kurzen Angaben zu den
Bildinhalten dienen vor allem die ausführlichen
Erläuterungen zu einzelnen Stichworten
(landwirtschaftliche Tätigkeiten,
Feierlichkeiten, Kindheit und Jugend auf
dem Lande usw.) bzw. die Ausführungen
zum Werdegang verschiedener ortsansässiger
Institutionen (Kinderheim, Vereine
usw.) der inhaltlichen Komplettierung, zumal
der Tenor der einzelnen Beiträge auf
der Herausarbeitung des Unterschiedes
zur Gegenwart liegt. Der nachgeborene
Leser erhält so einen Eindruck von inzwischen
der Vergangenheit angehörenden
Lebenszusammenhängen und Alltagsabläufen
, den die Betrachtung von „alten
Fotos" alleine nicht zu geben vermag.
Die ersten drei der elf thematisch eingeteilten
Kapitel beinhalten Fotos und Dokumente
zum Ortsbild, zum kirchlichen
Leben sowie zu den Institutionen der Se-
kundärsozialisation, Schule und Kindergarten
. Auch die wichtigen Bereiche
Landwirtschaft, Handel, Handwerk und
Gewerbe sind auf über 60 Seiten ausführlich
dokumentiert. Selbstverständlich darf
bei der lokalen Ausrichtung des Bildbandes
die Darstellung des Vereinslebens, der
herausragenden Ereignisse, einzelner Personen
usw. nicht fehlen. Die Fotosammlung
ist umfangreich und sinnvoll thematisch
gegliedert, so daß der Betrachter ein
lebendiges Bild - im wahrsten Sinne des
Wortes - der Vergangenheit erhält.
Im Gegensatz zu der 1984 erschienenen
und von Franz Zoller verfaßten Schrift zur

Geschichte Sinzheims, in welcher das
Thema „Drittes Reich" lediglich in einem
einzigen, knappen Absatz, der zudem nur
allgemein bekannte Daten wiedergibt, abgehakt
wird, haben sich die Autoren des
vorliegenden Werkes nicht gescheut, auch
die NS-Zeit, wenn auch in äußerst zurückhaltender
Form, zu behandeln. Möglicherweise
stand das Interesse an einem hohen
Unterhaltungswert des vorliegenden Bildbandes
einer gründlicheren Aufarbeitung
dieser Epoche entgegen. So vermied man
eine Kontroverse innerhalb der Gemeinde
, wozu, hierfür gibt es bekanntermaßen
zahlreiche Beispiele im lokalen Bereich
(und auch darüber hinaus), eine Offenlegung
der jüngsten Vergangenheit - fast
schon zwangsläufig - führt.
Wenige Tage nach der Machtübernahme
Hitlers kam es in Sinzheim zu einer Auseinandersetzung
zwischen dem Arzt Dr.
Weber, der Mitglied des Zentrums war,
und der lokalen SA, in deren Verlauf ein
SA-Mann eine tödliche Schußverletzung
erlitt. Dieser Vorgang wird kurz geschildert
, dann lassen die Autoren jedoch zwei
zeitgenössische „Zeitungsberichte auf den
folgenden Seiten für sich sprechen"
(S. 339). Hierbei handelt es sich erstens
um einen Bericht zum Tathergang, der das
Geschehen weitgehend aus nationalsozialistischer
Sicht darstellt, zweitens um die
Schilderung des Begräbnisses des SA-
Mannes, in dessen Verlauf der Gauleiter
den Verstorbenen zum „für seine Ueber-
zeugung [!] gefallenen Kameraden" stilisierte
(S. 340). Bedauerlicherweise versäumten
die Autoren, gründlicher zu recherchieren
, sonst würde nicht der Hinweis
fehlen, daß Dr. Weber vom Schwurgericht
Karlsruhe lediglich wegen Notwehr
, die „aber über das Maß der erforderlichen
Verteidigung hinausgegangen
ist", zu 18 Monaten Haft verurteilt wurde;
und dies trotz der ungünstigen politischen
Lage (Der Führer vom 8. Dez. 1933, S. 3).
So tragen die Autoren, wahrscheinlich unbeabsichtigt
, dazu bei, das vom Gauleiter
gezeichnete Bild Dr. Webers als das eines

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