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fruchtbarkeit durch teufflische Mittel verursacht werde unter den Eh-Leu-
then." Allerdings betonte die Kirche immer wieder, daß die Objekte allein
nicht schützen könnten, sondern der Glaube dazukommen müßte. Ein einem
Beutel Ulrichserde beigegebener Zettel schränkte die zugesagte
Mächtigkeit der Devotionalie auf die Fälle ein, „wan nemlich solche Parti-
cul, mit vesten Glauben, und guten Vertrauen"5 angewendet würde. Ganz
ähnlich warnte der Prediger Wolfgang Rauscher 1694: „Wann aber einer
gar zu vil auff sein Spänisch Creutz halt ... und gäntzlich vermaint er seye
sicher und unfehlbar vergwist, weil er ein solches Spänisch Creutz oder
Agnus Dei am Halß tragt, thue er im überigen, was er wolle, der Donner
werde ihn nit erschlagen, und der Teuffei nit hohen können, so ist es ein
Aberglauben."6
Im Zuge der Aufklärung begannen kirchliche und weltliche Obrigkeiten
gegen viele der nun als irrational, verdummend, nutz- und sinnlos empfundenen
Handlungen und Objekte vorzugehen. Unter Kaiser Joseph II. wurden
mehrere Verordnungen über das Verbot und die Abschaffung des
Agnus Dei, der Amulette und Hexensegen, der Segenssprüche über Brot,
Wein, Früchte, der Benediktionen mit dem Magnusstab u.ä. erlassen und
Anordnungen bezüglich geistlicher Benediktionsformeln nach dem Rituale
Romanum und dem Benedictionale Dioecesanum getroffen. So hieß es
z.B. 1784 für Österreich, daß „allen Manns- und Frauenklöstern, und
selbst der Weltgeistlichkeit die Verfertigung oder Austheilung der Anmieten
, und der den Begriff der aufgehobenen Bruderschaften nur noch
nährenden Skapulieren und Gürtel untersagt, auch niemanden mit geweihten
oder für geweiht ausgegebenen Kerzen, Rosenkränzen, Rauchwerken
und anderen dergleichen Sachen zu handeln erlaubt werden"7. Zwar erlebte
das Amulett- und Devotionalienwesen seit dem ausgehenden 18. Jh. allmählich
einen gewissen Rückgang, ausgestorben ist es allerdings nicht,
was nicht nur die hier behandelte Sammlung, sondern auch die Versteigerungen
der Reliquien von Filmstars, Sportlern und Politikern etc. beweist.
Die Geistliche Apotheke
Jesus stellte sich selbst als ,Arzt' dar: „Nicht die Gesunden brauchen den
Arzt, sondern die Kranken." (Mk 2,17). Vielleicht als Fortentwicklung dieses
durchgängig belegten Bildes aus der Bibel entstand im 16. Jh. das Motiv
,Christus als Apotheker'8. Die älteste Darstellung befindet sich in einer
französischen Handschrift um 1525, in Süddeutschland tauchte das Motiv
Anfang des 17. Jh. auf und war bis weit in das 18. Jh. hinein beliebt. Dabei
kannte das Motiv keine Konfessionsgrenzen9. Wie der Apotheker sich mit
Medikamenten um das körperliche Heil kümmert, so wirkt Christus hei-
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