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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 539
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Befreiungen

Fremdarbeiter erleben das Kriegsende in Baden 1945

Bernd Boll

Die rund 100 000 ausländischen Zwangsarbeiter dürften gegen Ende des
2. Weltkriegs die einzige signifikante Bevölkerungsgruppe in Baden gewesen
sein, die eine möglichst rasche Niederlage der Wehrmacht herbeisehnte
, war diese doch die notwendige Voraussetzung für ihre eigene
Befreiung1. Ihren Wunsch verstanden sie indessen trotz dauernder Überwachung
wohl zu verbergen. Noch unmittelbar nach der Landung der Alliierten
am 6. Juni 1944 meldete die Leitung des Westarbeiterlagers in Offenburg
der Deutschen Arbeitsfront, daß die Ausländer „trotz Invasion kein
grosses Interesse" an den Ereignissen zeigten2.

1. Rebellion der Zwangsarbeiter?

Es dauerte jedoch nur wenige Wochen, bis im gesamten deutschen Südwesten
die Berichte der Rüstungskommandos, Arbeitsämter und NSDAP-
Kreisleitungen immer häufiger ungenügende Arbeitsleistungen und widersetzliches
Verhalten der Zivilarbeiter und Kriegsgefangenen bemängelten3.
Im August mußte die Gauleitung in Straßburg feststellen, daß in ganz Baden
das Verhalten der Kriegsgefangenen aller Nationen und der polnischen
und sowjetischen Zivilarbeiter in der Landwirtschaft einen „unhaltbaren
Zustand" bilde und ihre „Arbeitsfreudigkeit" nachgelassen habe4. Schon
im Juli war die Lagerleitung in Offenburg wiederholt gegen „unberechtigte
Krankmeldungen und Arbeitsverweigerungen" eingeschritten5; einen Monat
später konstatierte sie vor allem bei den Franzosen offene Freude über
den Vormarsch der Alliierten: Sie meldeten sich immer häufiger krank, obwohl
sie arbeitsfähig waren6. Nach wenigen Wochen hatte diese Stimmung
auf die anderen Nationalitäten übergegriffen - die Lage drohte inzwischen
außer Kontrolle zu geraten, wenn man dem Monatsbericht des Lagerführers
für September 1944 Glauben schenken darf: „Unter den im Lager untergebrachten
ausländischen Zivilarbeitern zeigt sich eine starke Nervosität
, hauptsächlich unter den Franzosen und Belgiern; auch sehr starkes
Interesse an den Ereignissen im Westen. (In dem Glauben, daß die Invasionstruppen
bald in der Nähe sind, um zu ihnen durchzukommen) Krankmeldungen
, Arbeitsverweigerung, drohende Haltung gegenüber der Lagerführung
sind an der Tagesordnung. Auch die ehemaligen kriegsgefangenen
Italiener (sogenannte Badoglio Brüder) sind sehr frech, stellen Ansprüche

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