Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 681
(PDF, 127 MB)
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andersetzung vollzog, Einfluß genommen
wurde und letztlich die Entscheidungen
gefallen sind, geben einen Eindruck von
der durchaus ambivalenten Situation, in
welche die damaligen Ministerpräsidenten
als Parteipolitiker mit gesamtdeutscher
Verantwortung und Vertreter spezifischer
Landesinteressen gestellt waren. Waren
sie in der Politik bislang von den Besatzungsbehörden
abhängig gewesen, mußten
nun westdeutsche Politiker in eigener
Verantwortung Entscheidungen für die
Zukunft des Gesamtstaates treffen.
Unter diesen Voraussetzungen ist die Untersuchung
zu Baden mit dem Altphilologen
und Staatspräsidenten Leo Wohleb
(1888 bis 1955) nicht von ungefähr sehr
ausführlich geworden. Folgt man der Logik
der Autorin, so war die damals badische
Politik stark von gefühlsmäßig-irrationalen
Elementen bestimmt, Aversionen
gegen größere Machtgebilde, insbesondere
eines unter württembergischer Führung,
wurden strikt abgelehnt. Allerdings wird
mit dem Blick auf andere Faktoren, wie
die Besatzungsmacht Frankreich, die Problematik
um Stadt und Hafen Kehl, die
Frage der Ländergrenzreform, ja nicht zuletzt
der Konfessionsproblematik, welche
manchem nicht mehr bewußt ist, deutlich,
daß nicht nur „retardierende Momente"
die Ansichten im Land bestimmten. Nicht
„Kantönligeist", sondern „die Zwangslage
einer ständigen Einwirkungen der Besatzungsmacht
ausgesetzten Wirtschaft, die
Unfähigkeit einer infolge mangelnder
Kompetenzen machtlosen Regierung, der
Probleme des Landes Herr zu werden, die
Situation eines an der Ausübung elementarer
Rechte behinderten Landtages und
einer in einzelnen Bereichen bis ins Detail
kontrollierten und von direkten Eingriffen
betroffenen Verwaltung, setzten die Akzente
in der Stellungnahme des Landes
Baden zu den .Frankfurter Dokumenten'".
(S.271)

Daß spezifische landsmannschaftliche Eigenheiten
- seien sie nun ein über lange
Zeiträume gewachsenes Element oder

auch nur ein ideologisches Konstrukt zur
„Identitätsstiftung" - politisches Gewicht
erhalten können, dafür ist spätestens seit
der Wiedervereinigung nicht nur Baden
der einzige Beleg. Wer sich mit den „Irrationalitäten
" von Bürgern in neuen Bundesländern
auseinandersetzen will, dem
sei nicht nur das hier besonders angezeigte
Kapitel zur Lektüre empfohlen. Das gut
lesbare Buch ist durchaus eine Fundgrube,
dem man die Verbreitung über den wissenschaftlichen
Kreis hinaus und insbesondere
im gar nicht mehr so beispielhaften
„Musterländle" nur wünschen kann.

Dr. Herbert Landolin Müller

Manfred Bosch, Boheme am Bodensee.
Literarisches Leben am See von 1900
bis 1950

Libelle Verlag Lengwil, DM 128,00

„Ich habe den Bodensee nie so zärtlich
geliebt, er war nie so schön für mich",
schrieb der nervenkranke Schriftsteller
Carl Sternheim aus dem schweizerischen
Uttwil. Wie er verlegten viele Dichter und
Schriftsteller vorübergehend oder auch
auf Dauer ihren Wohnsitz an den Bodensee
. Die Landschaft bot ihnen eine beschauliche
Gegenwelt zur Hektik städtischer
Zivilisation. Das Haus des Philosophen
Fritz Mauthner war erste Anlaufstation
für den dänischen Romancier Martin
Andersen-Nexö, der 1923 bis 1930 sich
dauerhaft am See niederließ.
Deutsch-baltische Schriftsteller wie Werner
Bergengruen oder Traugott von
Stackelberg fanden hier nach dem 1.
Weltkrieg eine Bleibe. Für andere wie für
Alfred Döblin, Friedrich Wolf oder Ludwig
Renn war das schweizerische Seeufer
die erste Station eines langen Exils. Nach
dem 2. Weltkrieg ließ sich Theodor Plie-
vier, Autor des berühmt gewordenen Romans
„Stalingrad", in Walhausen am See
nieder. Aber nicht nur als politisches und
künstlerisches Exil hatte die Region am
See Bedeutung. Am Schnittpunkt von Süd

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