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Den Römern in Offenburg auf der Spur
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Umstritten war bisher, ob er den Rang eines centurio, eines römischen
Hauptmanns inne hatte. Bei Schräglicht werden am des durch Sand und
Kies in der Kinzig stark abgeriebenen Steines Details sichtbar, die zeigen,
daß es sich nicht um einen einfachen Soldaten, sondern tatsächlich um
einen römischen Offizier handelt: Am Beginn der dritten Zeile ist ein „>"
zu erkennen, eine in Inschriften gebräuchliche Abkürzung für centurio.
Dazu paßt gut, daß der Bestattete, so zeigte sich, in der Linken einen Stock
hält. Ein Stock war Rangabzeichen eines römischen Hauptmanns, mit diesem
wies er nicht nur auf etwas hin, sondern auch zurecht: Er durfte seine
Untergebenen mit dem Stock züchtigen.
Weiter umstritten bleiben sein erreichtes Lebensalter und die geleistete
Dienstzeit: Gemeinhin werden 65 Lebensjahre und eine Dienstzeit von 23
Jahren gelesen, was allerdings ungewöhnlich wäre: Lucius Valerius Albi-
nus wäre erst in einem Alter von 42 Jahren in die römische Armee aufgenommen
worden! Ungewiß muß bis zu einer Restaurierung der Inschrift
auch bleiben, ob er, wie in der zweiten Zeile angegeben zu sein scheint,
aus dem römischen Hispalis (Sevilla) stammte.
Leider wurden die drei anderen Steine, bei denen es sich wahrscheinlich
um weitere Grabsteine handelt, vor 200 Jahren nicht aus dem Kies geborgen
- sie ruhen heute noch im ehemaligen Kinzigbett. Der genaue Fundort
der Steine geriet in Vergessenheit, nach der Begradigung des Flußlaufes ist
er nicht zu rekonstruieren: Wichtige Hinweise auf unsere Geschichte sind
wohl verloren!
Ein falsches Zitat lockt Forscher in den Stadtwald
Ganz neue Aufschlüsse zur Erforschung der römischen Geschichte Offen-
burgs ergaben sich bei der routinemäßigen Überprüfung der bisher bekannten
Literatur: Der Fund des Soldatengrabsteines hatte in der Forschung
dazu angeregt, bei Offenburg ein römisches Militärlager, ein Kastell, zu
suchen. Während die einen dieses auf dem Stadtbuckel unter der mittelalterlichen
Kernstadt suchten, führten andere Forscher Argumente für die
Lage des Kastells im Offenburger Stadtwald an. In einer Zusammenstellung
von Fundplätzen und Funden in Baden aus dem Jahre 1908,2 so wurde
zitiert, sei erwähnt, daß im Stadtwald eine Anzahl römischer Münzen
gefunden worden seien. Eine Konzentration von Fundmünzen deute darauf
hin, daß das Militärlager im Stadtwald zu suchen sei. Doch bei genauerer
Betrachtung der Textstelle zeigt sich, daß Funde im Stadtwald erwähnt
werden, aber erst in einem folgenden Absatz allgemein von den römischen
Fundmünzen in Offenburg die Rede ist. Ein wohl einmal begangener Lesefehler
wurde wahrscheinlich immer weiter überliefert und führte so auf eine
falsche Fährte!
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