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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 79
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Der Kanzlerkeller (II): Stadtarchäologische Aktivitäten 1997-2000

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wieder vor einem gespannten Publikum Stück für Stück ans Tageslicht geholt
wurde: Alltagsgegenstände wie Regenschirme, Rasierpinsel, Damensandaletten
, Ledertaschen, Eierkohlen, Briketts Marke Union (mit Bergwerkszeichen
), mitten im Schutt auch ein drehbarer Klavierstuhl und wunderschön
geschmiedete Fenstergitter.

Eines Tages tauchten dann aber Funde auf, die deutlich mit Zeichen und
Worten aus der Vergangenheit zu uns sprachen und auch bestimmte Vorsichtsmaßnahmen
von uns erforderten. Harmlos dabei war noch das
Schutzblech eines alten Mopeds, Marke VICTORIA, mit erhaltenem Markenschild
, das eine Recherche bei der Firma NSU anregte, ebenso ein
goldbeschriebenes Glasreklameschild mit dem unvollständigen Schriftzug
EINLEGE..F. Die ersten Papierstücke zerfielen fast schon bei der
Berührung: Der Rest einer Zigarrenkiste, eine Zeitungsannonce („LAVA-
MAT jetzt in 6 Modellen"), ein kleiner Aufkleber mit dem Schriftzug 215
von Waghäusel und zwei Zettel mit dem handschriftlichen Eintrag
„500 kg" offensichtlich in Zusammenhang mit einer Bahnfracht. Ein
12 x 8 cm großer Einlieferungsschein nach Kempten-Allgäu Hbf lieferte
uns mit seiner noch knapp lesbaren Datierung auch unseren terminus post
quem der Nischenvermauerung, nämlich den 15. 9. 1960.

Stutzig wurden wir, als immer wieder aus dem diffusen Schuttberg kleine
stark korrodierte handgranatenähnliche Gebilde herausgeholt wurden,
die wir wegen der grauweißen Feinschichtung zunächst einmal als „Batterien
" bezeichneten (Höhe 12 cm, Durchmesser 5 cm). Die kreisrunden
kleinen Metallscheiben waren von einem dünnen Aluminiummantel umschlossen
, auf den unten neben einem unbekannten Buchstabenemblem
aus einer Verschränkung der Buchstaben EFR auch das Atomzeichen eingeprägt
war. Die Schüler wurden unauffällig nach Hause geschickt, eine
rasche Messung mit Geigerzähler ergab zum Glück aber keine radioaktive
Strahlung. Die Verwendung dieser Batterietöpfchen ist noch ungeklärt, ein
Schüler entdeckte zufällig bei Nachforschungen eine Ähnlichkeit mit Teilen
einer Voltaschen-Säule. Gehörten diese Funde zu einem Apparat zur
Stromerzeugung, sind sie vielleicht Teile eines medizinisch-technischen
Gerätes gewesen, das der hier im Hause bis zum Jahre 1935 praktizierende
jüdische Arzt Dr. med. Paul Nathan benutzt hat und das nach dessen Vertreibung
später unnütz herumstand?

Als eine „historische Zeitbombe" ganz anderer Art, die jetzt wirklich
die Benutzung der von engagierten Eltern gestifteten Plastikhandschuhe
verbindlich machte, erwies sich ein Fund, der ebenfalls in die unselige Zeit
der 30er und 40er Jahre reichte (Schutzmaßnahmen waren wegen des
Schwarzschimmels an den Stücken angezeigt!). Zunächst tauchten einige
Stempelkissen („Gutenberg Perpetuum. Das Gußeisenstempelkissen
aus einem Stück. Deutsches Patent.") und Stempel auf, die z.T. noch
abgestempelt werden konnten, z. B. „Offenburg. 1. B.K. Angeordnet.


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