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Ludwig Uibel
zeichnunen des Klosters Schwarzwach hat dasselbe im Jahre 1494 von
Lichtenau und den Gerichtsorten Scherzheim, Helmlingen und Muckenschopf
den Hanfzehnten erhalten.2
Bevor wir die historische Spur weiter verfolgen, ist es angebracht, die
Besonderheiten des Hanfanbaus und die Weiterverarbeitung der Pflanzen
näher kennen zu lernen.
Der Hanfanbau und die Hanfverarbeitung
Der Hanfanbau mußte sich lange in die Dreifelderwirtschaft einfügen, d. h.
er konnte nur in den umzäunten „Bühnen" und „Gärten" angepflanzt werden
. Das erschwerte seinen Anbau. Nur reiche Bauern konnten sich eigene,
umzäunte Bühnen leisten. Sonst mußte der allgemeine Bühnengürtel um
die Ortschaften benutzt werden. Dieses Hemmnis verschwand gegen Ende
des 18. Jahrhunderts. Das Ausbringen der Saat erfolgte Anfang Mai. Im
August konnte dann die auf 2-3 Meter angewachsene Pflanze geerntet
werden. Die Gewinnung der im Pflanzenstengel eingewachsenen Fasern -
das eigentliche Handelsprodukt - setzte eine umständliche Bearbeitung
voraus. Diese Fasern sind in Substanzen eingebettet, die durch Verwe-
sungs- und Fäulnisprozesse zerstört werden müssen, damit die Fasern freigelegt
werden. Wasser und Wärme besorgten diesen Prozeß. Zu diesem
Zweck wurde der zu Wellen (Bündeln) gebundene Hanf in Wasser gelegt.
Dazu dienten die Hanfrötzen. Wie die Karte der Lichtenau-Scherzheimer
Rotzen zeigt, sind das lange, schmale Gruben, in die der Hanf wie die Garben
auf dem Getreidewagen zu Stapeln aufgesetzt wurde. Durch Aufstauen
des Wassers mit dem „Schließen" wurde das Wasser in die Rötzgruben geleitet
, bis es ungefähr eine Höhe von 1,20 Meter erreicht hatte. Damit die
Bündel nicht davonschwammen, wurden sie mit Brettern belegt, die man
noch mit „Hanfrötzensteinen", brotlaibgroßen Schotterwacken, beschwerte
. Nachdem nach 1-2 Wochen die Kittsubstanzen zerstört waren, wurde
das Rötzwasser abgelassen, die Hanfbündel auf die abgeernteten Hanffelder
geführt und dort zum Trocknen ausgebreitet.
Da das in den Bach abgelassene Rötzwasser giftige Substanzen enthielt
(Haschisch), wurden die Fische betäubt. Das Spektakel, das sich dabei abspielte
, soll mit dem Bericht des Lichtenauer Lokalhistorikers Ludwig
Lauppe geschildert werden:
„War das jeweils ein Leben für die Buben, wenn man das Hanfwasser
aus den Rotzen abließ! Alle Fische erstickten und schwammen rücklings
den Bach hinab. Was noch zappelte, wurde mit dem Bengel erschlagen und
wanderte in die Pfanne."3
Da regnerisches Wetter den oben angeführten Trockenvorgang auf Kosten
der Qualität empfindlich stören konnte, errichtete man, auch in Lichtenau
, Dörrhäuser, um das Trocknen durch „Dörröfen" zu beschleunigen.
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