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Ludwig Uibel
Hanf schleißen, brechen und hecheln
Die Weiterverarbeitung des getrockneten Hanfs erfolgte auf zwei Arten.
Schon beim Rupfen der Pflanzen auf dem Acker wurden die dicken (ca.
80%) und die dünnen Stengel (ca. 20%) getrennt gebündelt. Bei den
dicken, trockenen Stengeln wurden die Fasern nach Abbrechen der Wurzel
mit der Hand abgezogen (geschleißt). Der Schleißhanf bildete das Rohmaterial
für die Seiler. Die dünnen Hanfstengel wurden mit der „Breche" gebrochen
und dann mit einem Spezialkamm, einem Nagelbett, besetzt mit
10-15 cm langen Metallstiften, „gehechelt", um die Fasern von allen Stengelresten
zu befreien. Die Brecharbeit konnte so umfangreich sein, daß
größere Bauern dazu Taglöhner einstellten. Nach der „Daglöhnerordnung"
des Klosters Schwarzach vom Jahre 1652 sollte dabei der Taglohn für einen
Mann 1 Schilling 8 Pfennig, für eine Frau 1 Schilling betragen.4
Plaueln und Hanfreiben
Beim gehechelten Hanf bestehen die einzelnen Hanffäden noch aus mehreren
Fasern. Zur Verbesserung der Qualität müssen diese Fasern voneinander
getrennt werden. Das kann auf zweierlei Weise geschehen: L. Mit der
Plauel. In ihr wurde durch die Zapfenwelle eines Mühlrads ein Stempel
von Balkenstärke angehoben, der beim Herabfallen auf die Faserbüschel
traf und diese in feinere Fasern aufspaltete. 2. Mit der Hanfreibe. Diese bestand
aus einer rotierenden Steinwalze, die in einer steinernen Rinne lief
(Kollergang) und so die Fäden aufspaltete. Die bearbeiteten Fasern waren
jetzt zum Spinnen geeignet und wurden zum Teil auch zur Selbstversorgung
gesponnen und verwoben. Das so gewonnene Tuch wurde speziell für
Arbeitskleidung verwendet. Die Plaueln haben in den Archiven und auch
bei den Flurnamen viele Spuren hinterlassen. In der „Ortenau", Jahrgg.
1961, weist Hans Schneider mit Hilfe von Flurnamen nach, daß fast jede
Gemeinde im alten Amtsbezirk Bühl eine Plauel besessen hat, meist auch
eine Hanfrötze. Der zweite Hinweis auf eine Plauelmühle in Lichtenau
stammt von einem Erblehnsbrief vom 21. Nov. 1561: „(Lehensnehmer)
Ludwig Rentz, Zimmermann und Müller zu Lichtenau (pachtet die Burgmühle
) auch Plauel und Schleifmühle dabei. Gülte: 18 Viertel Mulzer-
korn."5 Durch einen Erbbestandsbrief vom Jahre 1613 wird der obige Bestand
der Mühle nochmals bestätigt: „Hans Sebald, Müller und Bäcker, die
Burgmühle . . . auch Plauel und Schleifmühle ... zu einem Erbzinslehen
geliehen."6
Über den Bestand an Plaueln und Reiben im Amt Lichtenau gibt Amtsschaffner
Knapp für 1754 folgende Auskunft: „Im Gericht Lichtenau, all-
wo nicht viel Hanf gehauen wird, keine Plauel befindet, plaueln ihren Hanf
in der Memprechtshofener Mühle, wenn kein großer Wassermangel genug-
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