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Ludwig Uibel
der Hanfanbau für die Zukunft gesichert, brachte das nächste Jahr (1882)
das endgültige Aus für dieses Handelsgewächs. Der Verkauf von gerade
mal 3 z machte den Abschied umso deutlicher.
Die Hanfaufkäufer
Fast über die ganze Berichtszeit des Wagbuchs (1852-82) können wir eine
bemerkenswerte Treue der Hanfaufkäufer feststellen. Aus Lichtenau selbst
kamen (a) der Seiler Meckle, (b) ab 1872 der Seiler Feßler, der 1876 und
1877 das ganze Angebot aufkaufte. Außerdem wird noch (c) Michel Kaufmann
genannt. Aus Scherzheim kam Fritz Spielmann, aus Memprechts-
hofen der Müller Hummel, aus Neufreistett der Kaufmann Huth, aus Unz-
hurst Fidel Friedmann. Außer dem zuletzt Genannten kamen alle lokalen
Aufkäufer aus dem unteren Hanauerland. Fast immer zur Stelle war Kaufmann
Wenk aus Bühl. Doch auch aus Karlsruhe und Mannheim kamen
Hanfhändler. Einen guten Ruf scheint der Lichtenauer Hanf in Württemberg
gehabt zu haben. Von dort kamen öfters interessierte Kaufleute (Stuttgart
, Cannstadt, Ludwigsburg, Göppingen, Wimpfen). In dieser Namensaufstellung
sind nur die mehrfach angeführten Käufer aufgeführt.
Der Tabak kommt
1865, im Jahre der maximalen Entfaltung der Hanfanpflanzung (312 z bei
75 Pflanzern), war der Drang der Bauern in die Handelsgewächse so stark,
daß in Lichtenau der Ochsenwirt Timeus mit acht weiteren Pflanzern noch
40 Zentner Tabak zur Waage brachten. Erst 1873 verzeichnet das Wagbuch
wieder einen Verkauf von diesmal 24 z des Rauchkrauts. Im Verlauf eines
Jahrzehnts hat diese Pflanze 1885 mit 344 z bei 71 Pflanzern den Hanf
nach dessen Ende (1882) voll ersetzt. In diesem denkwürdigen Jahr 1882
wurde auch - zum einzigen Mal - der Verkauf von Hopfen verzeichnet (24
z). Drei Wirte in Lichtenau brauten um diese Zeit ihr Bier selbst und verbrauchten
sicher einen Teil dieser Ernte (Blumenwirt, Lammwirt, Schwa-
nenwirt). Um diese Zeit entstanden auch die drei Bierkeller am Rebbuckel.
Die Tabakernte des Jahres 1886 zeigte den endgültigen Triumph des neuen
Handelsgewächses mit 491 Zentnern bei 91 Pflanzern. Die große Pflanzerzahl
zeigt die damalige Stimmung an: „Die Zukunft gehört dem Tabak."
Da im selben Jahr die Einträge im Wagbuch enden, sind weitere Aussagen
über die Anpflanzung von Handelsgewächsen in Lichtenau nicht mehr
möglich.
Der Niedergang des Hanfanbaus und der Aufstieg des Tabaks läßt sich
in der ganzen nördlichen Ortenau nachweisen. Gudrun Schultz gibt über
das entsprechende Geschehen in den Amtsbezirken Achern und Bühl erschöpfende
Auskunft („Ortenau" 1983). Dort ging der Hanfanbau 1868-72
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