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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 420
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Heinz G. Huber

manchmal für immer. Seit Spätsommer 1944 wurde die Renchtalbahn unter
militärischen Gesichtspunkten wieder wichtig. Täglich wurden Schanzarbeiter
in den Raum Kehl transportiert, wobei am 22. September 1944 bei
Zusenhofen vier alliierte Jabos eine Lokomotive beschossen und den
Dampfkessel durchlöcherten.54 Nur durch Glück überlebten die Insassen
des Schanzerzugs im Bahngraben und neben dem Bahndamm. Am 29.
September 1944 wurde der Oberkircher Bahnhof angegriffen, die Sprengbomben
verfehlten allerdings ihr Ziel. Bei einem ähnlichen Angriff auf den
Bahnhof in Achern hatte es acht Tote gegeben.55 Nützliche Dienste leistete
die Renchtalbahn bei der Verlegung des Kehler Krankenhauses und des Ulmer
Notlazaretts nach Bad Peterstal.

Nach der Zerstörung der Bahnbrücken stand die Renchtalbahn monatelang
auf dem Abstellgleis - erst am l. Februar 1946 konnte der Betrieb
wieder aufgenommen werden.56 Die Zustände waren dabei anfänglich katastrophal
:

„Es fehlte an Loks und Waggons. Die Reisenden sahen nichts in den unbeleuchteten
Eisenbahnwaggons, denn die elektrischen Birnen wurden
dauernd abmontiert. Die Eisenbahnabteile starrten vor Schmutz, es fehlten
dem Personal die Putztücher und Besen zur Reinigung, weil sie angeblich
gestohlen waren. "57

Zahlreiche Hamsterer strömten jetzt aus den Zügen, um etwas Eßbares
zu ergattern. Stadelhofener Schuljungen verdienten sich damit ein Taschengeld
, daß sie den Hamsterern im Handwagen eingetauschtes Obst
oder Kartoffeln zum Zusenhofener Bahnhof brachten.58

Die Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft

Von Anfang an war das neue Verkehrsmittel „Bahn" ein Faktor des Strukturwandels
und der wirtschaftlichen Modernisierung. Für die Landwirtschaft
bot sich die Chance, den Marktradius für die eigenen Erzeugnisse
auszuweiten. Ein Teil des Renchtäler Weins wurde 1883 nach Stuttgart,
Esslingen, Gmünd, Ellwangen und Ulm ausgeführt. Auch die Schweiz
wurde mit Renchtäler-Weinen beliefert.59 Doch die Masse des hier angebauten
Weins wurde immer noch in die nähere Umgebung verkauft und
mit dem Fuhrwerk abgeholt.

Für den Obstbau, der wegen des Rückgangs des Weinbaus um die Jahrhundertwende
immer wichtiger wurde, spielte der Bahnversand eine zentrale
Rolle. Am 23. August 1910 beschloß der Oberkircher Gemeinderat
eigene Obstmärkte einzurichten, die in der Oberkircher Bahnhofstraße
vom Gasthaus „Pfauen" bis zur Villa des Bezirksarztes stattfanden.60 Das
Obst wurde von den Händlern sofort zum Bahnversand aufgegeben. So
konnten die Großstädte mit Frischobst beliefert und attraktive Preise erzielt


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