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Horst Brombacher
lingrad eingeschlossen waren und deren Schicksal noch ungeklärt ist, sind
die Wehrbereichskommandos und die Wehrersatzdienststellen beauftragt.
... Die Wehrmeldeämter können zunächst nur feststellen, ob die Einheit des
Betreffenden in Stalingrad eingeschlossen war oder nicht. Sie veranlassen
die Aufnahme von Ermittlungen durch die zuständige Dienststelle. ..." Viel
größer war ein Bericht abgedruckt, in dem über eine Ansprache des Bühler
Kreisleiters der NSDAP, Hans Rothacker, im Rahmen einer Veranstaltung
am 16. Februar zu lesen war: „... Das Heldenlied von Stalingrad sei das
Hohelied deutschen Tapferkeit und einer unbezwinglichen Treue. Die Helden
von Stalingrad seien aber eine stete Mahnung an die Heimat, noch
mehr Soldaten, noch mehr Waffen und noch mehr Nahrungsmittel zur Verfügung
zu stellen. ..." Auf einer anderen Veranstaltung, drei Tage später,
erklärte der Kreisleiter laut „Mittelbadischem Boten":.....Wichtiger als die
Preisgabe von Städten sei die Tatsache, daß der Bolschewismus auf seinem
eigenen Boden vernichtet werde. Zu dieser Gewißheit berechtige uns die
Tatsache, daß die deutschen Armeen trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit
bisher alle Gegner geschlagen und vernichtet haben. ..." Weiter fuhr er fort:
„... Was bedeuten unsere Sorgen und Nöte schon gegenüber dem Schweren
, das seit Jahren auf den Schultern des Führers lastet. Seit dem Jahre
1918 kennt er nur noch Deutschland und das deutsche Volk, in dessen
Dienst er sich verzehrt ..." Immer deutlicher wurden die Texte auf den
Durchhaltewillen der Bevölkerung hin formuliert. Dies wird besonders
sichtbar in einem Bericht über die Feierstunde anläßlich des Heldengedenktags
am 21. März im „Ratskeller" in Achern. Darin heißt es: „ ... Ein
Chorlied der HJ riß die Gedanken zu dem großen Ziele empor, die Freiheit
des Vaterlandes zu sichern und Führerworte sowie das anschließende Musikstück
schufen die aufnahmebereite Stimmung für die Ansprache des
Hoheitsträgers, Parteigenosse Wilhelm Moll (Ortsgruppenleiter, d. Verfasser
), der das Opfer und die heroischen Leistungen unserer Gefallenen würdigte
, ihr heldisches Leben, Kämpfen und Sterben ins rechte Licht rückte
und die Folgerungen zog, die sich daraus für die Heimat ergeben. So wie
sie nichts anderes mehr kannten, als die Pflicht und die Liebe zu Führer
und Volk, so müsse auch die Heimat alle anderen Gedanken ausschalten
und sich der toten Heldensöhne unseres Volkes durch Einsatz, Leistung
und Opfer würdig erweisen. In aufrüttelnden Worten stellte der Redner den
Sinn und das Ziel des gewaltigen Ringens vor das Auge und ließ er den eisenharten
Entschluß wach werden, es den Toten gleichzutun, die alles von
sich warfen und selbst das Opfer des Lebens nicht scheuten, um die Heimat
zu schützen und die Freiheit des Volkes sicherzustellen. ..." In keiner
einzigen Ausgabe des „Mittelbadischen Boten" wurde nach der Kapitulation
in Stalingrad über das Schicksal der Gefangenen, über ihre Zahl und
über die tatsächliche Zahl der Opfer berichtet. Auf die Sorgen der Ehefrauen
und Eltern um ihre vermißten Männer und Kinder gingen die Zeitungen
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