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Ein schwarzes Dorf wird braun
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darüber im Zentrumsblatt Kinzigtäler Nachrichten war im Vergleich zu der
im Anzeiger vom Kinzigtal eher sachlich und nicht mit eigenen Kommentaren
versehen. Im Anzeiger endete der Bericht folgendermaßen: „Sämtliche
Vereine waren an der Feier beteiligt und ergaben somit ein geschlossenes
einheitliches Bild zur Würdigung der nationalen Bewegung aber auch
zur Anerkennung der Gemeinde selbst. Ein dreifaches ,Sieg Heil', durch
Herrn Propagandaleiter Kläger auf unseren obersten Führer und Volkskanzler
, schloß die so würdevolle Huldigung zum nationalen jungen
Deutschland. Nur ein Wunsch, nur ein Verlangen: Möge Gott geben, daß
du liebes deutsches Vaterland wieder blühen und wachsen mögest zu einem
einigen Volk von Brüdern."39
Am 25. März 1933 wurde der NSDAP-Stützpunkt Steinach durch
Kreisleiter Schuppel zur Ortsgruppe ausgebaut, wozu besonders das
schlagartig einsetzende Anwachsen der Mitgliederzahlen, über 60 Neueintritte
bis dahin, beigetragen hatte.40
Obwohl alle Gemeinderatssitze nach wie vor ausschließlich von Zentrumsleuten
besetzt waren, wurde Adolf Hitler auf Antrag der NSDAP-
Ortsgruppe am 2. April nach einstimmigem Beschluß des Rates zum Ehrenbürger
der Gemeinde ernannt. Außerdem benannte man die Straße von
der Hauptstraße zum Rathaus nach ihm. Der Dorfstraße wurde der Name
des Reichsstatthalters von Baden, Robert Wagner, gegeben. Es wurde beschlossen
, die beiden Herren durch Telegramme darüber zu informieren. In
der gleichen Sitzung wurde auch entschieden, daß fünf Bilder von Hitler
zu beschaffen seien.41
Die Ernennung Hitlers zum Ehrenbürger feierten die „Parteigenossen
und Anhänger der NSDAP ... im Parteilokal Nock" am 4. April. Aus diesem
Anlaß war an diesem Tag das ganze Dorf beflaggt. Der Ortsgruppenleiter
Josef Moser hielt eine Ansprache und verkündete. „Am 20. April
wird anläßlich des Geburtstages unseres Führers die Anbringung der neuen
Straßenschilder vorgenommen."42
Bereits am 6. April 1933 erhielt der Gemeinderat folgendes Schreiben:
„Um der lt. Gemeinderatsbeschluss vom 2. ds. Mts. neuernannten Robert
Wagnerstrasse einen würdigen Charakter zu verleihen, beantragen wir,
dass sämtliche am Dorfbach lagernden Gegenstände, wie Holz, Stangen,
Bretter, Reisigwellen, Steine, Schutt udgl. sofort restlos entfernt werden. ...
Sollten sich wider Erwarten in der Robert Wagnerstrasse noch Einwohner
befinden, welche die Zeichen der Zeit noch nicht restlos verstanden haben
und sich evtl. weigern, der ergehenden Aufforderung Folge zu leisten, so
bitten wir, uns hiervon Kenntnis zu geben."43
Die NSDAP-Ortsgruppe ging davon aus, daß der Gemeinderat dem Antrag
seine Zustimmung geben werde, was auch einstimmig geschah. Hier
und schon bei früheren Anträgen kann man also erkennen, daß die NSDAP
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