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Sören Fuß
Dr. Karla Mahne noch erweitert wurde, seine Unterstützung zusagte. Vor
allem auch Bürgermeister Heinz Winkler stand hinter diesem Projekt und
so konnte diese neue Seite der Vergangenheitsbewältigung aufgeschlagen
werden. Die Landeszentrale für politische Bildung in Stuttgart trug mit
ideeller und finanzieller Förderung zum Gelingen des Vorhabens bei.
Als Ort der Gedenkstätte wurde der Berg gewählt, wo so viele Menschen
leiden und sterben mußten. Innerhalb weniger Monate wurde das
Vorhaben geplant und verwirklicht. Das zentrale Mahnmal wurde nach den
Vorstellungen der Initiatoren vom Haslacher Künstler Frieder Haser entworfen
und realisiert. Auf zwölf Informationstafeln ist die Geschichte der
drei nationalsozialistischen Lager, die sich auf Haslacher Gemarkung befanden
, in Bild und Text dokumentiert. Ruinenreste erinnern an ein ehemaliges
Brechwerk und die Endstation einer Seilbahn, die über mehrere Kilometer
in die Stadt führte. Das düstere Mundloch eines Entwässerungsstollens
gibt einen Hinweis auf das sich im Berginnern befindende Stollensystem
, das Haslach mit den Schreckensereignissen des Dritten Reiches so
sehr in Verbindung bringen sollte.
Um das Mahnmal herum sind Sitzgelegenheiten für 35 Personen gruppiert
. Sie erlauben vor Ort auch längere Aufenthalte für Diskussionen und
Unterricht mit Schulklassen. Der heute idyllisch gelegene Platz mit der bedrückenden
Vergangenheit schafft eine Atmosphäre, die Aufmerksamkeit
und Interesse erweckt. Die Stimmung des Platzes erleichtert den erforderlichen
Zugang zu den Jugendlichen. Für Besuchergruppen ist bei Vorankündigung
eine Führung möglich.
Zeitzeugenarbeit
Gleichzeitig mit der Planung der Gedenkstätte begann die Suche nach
überlebenden Häftlingen. Hunderte Telefongespräche brachten schließlich
im Laufe von 6 Monaten Kontakte zu 70 ehemaligen Gefangenen und zu
weiteren 65 Familien inzwischen Verstorbener zustande. Es waren bewegende
Augenblicke, wenn am Telefon nach unzähligen Fehlversuchen
plötzlich der Gesprächspartner sich als ehemaliger Häftling zu erkennen
gab. Meist entstand zunächst eine lange Gesprächspause. Die meisten hatten
in den 53 Jahren den Kontakt zu ehemaligen Kameraden verloren, ein
großer Teil hatte trotz relativ kurzer Entfernung den Ort ihrer ehemaligen
Leidenszeit nie mehr aufgesucht. Ein Vergessen oder Verdrängen dieser
Schreckenszeit gelang aber nie. Die Reaktionen reichten von herzlicher
Freude, nicht vergessen worden zu sein, über Mißtrauen und Ungläubigkeit
bis hin zu Ausbrüchen des Schmerzes, der durch die Erinnerung spontan
hochkam.
Meist mündeten diese Telefongespräche unverzüglich in persönlichen
Treffen. Herausstechendes Merkmal dieser Besuche war die Herzlichkeit,
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