Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 542
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Sören Fuß

buch: „Nach vielen Höhepunkten in meinem Leben meinte ich, es wäre allmählich
vorbei. Heute jedoch war ein ganz großer Höhepunkt. Ich werde
ihn niemals vergessen ". Solche Aussagen der Betroffenen zeigen, daß bei
der Aufarbeitung der Geschichte auch heute noch - oder mehr denn je -
Begriffe wie Völkerverständigung und Aussöhnung ihre volle Bedeutung
haben

In den nachfolgenden 18 Monaten wurde die Arbeit mit den Zeitzeugen
intensiviert. Hilfreich waren dabei auch die Recherchen von Michelle Bi-
cheray4 und ihrem Mann aus Jallerange bei Besancon. Frau Bicheray ist
die Tochter des in Haslach umgekommenen Häftlings Gilbert Choquin.
Gemeinsam konnten weitere Überlebende ermittelt und viele offene Fragen
geklärt werden. Einzelschicksale bestätigten die besondere Tragik der
Häftlinge aus dem Osten. Der Ukrainer Wassil Sliptschuk zum Beispiel
wurde 1945 auf seiner Reise von Haslach zurück in die Heimat abgefangen
und mußte weitere vier Jahre in einem stalinistischen Lager verbringen.

In die Nachforschungen einbezogen wurde auch die Täterseite. Dabei
bestätigte sich, daß es durchaus im Ermessen des Einzelnen lag, sein Gewissen
auszuschalten und mit blindem Gehorsam, Brutalität und Sadismus
die nationalsozialistische Verhetzung umzusetzen. Ein wenig Zivilcourage
des einzelnen Wachmanns hätte die Situation der Häftlinge erheblich erleichtern
können. Herausragendes Beispiel ist Erwin Dold, der letzte Leiter
des Lagers „Sportplatz". Unter seiner Verantwortung verbesserten sich die
Bedingungen in diesem Lager, wenn auch dadurch das Sterben der Todkranken
nicht verhindert werden konnte und auch weiterhin Mißhandlungen
durch das Wachpersonal vorkamen.

Dold wurde in den Kriegsverbrecherprozessen nach dem Krieg auf Fürsprache
der Häftlinge von den französischen Gerichten freigesprochen.
Noch heute erreichen uns Briefe, in denen ihm für seine Haltung ausdrücklich
gedankt wird.

In Haslach selbst hat sich die Kooperationsbereitschaft bei der geschichtlichen
Aufarbeitung verbessert. Seitdem bekannt geworden ist, mit
welcher Herzlichkeit und auch Dankbarkeit die Häftlinge nach Haslach
kommen, sind auch mehr und mehr örtliche Zeitzeugen bereit zu reden. So
werden bisher unbekannte Vorkommnisse bekannt, wo sogar Häftlinge versteckt
wurden. Andererseits war Haslach natürlich keine Insel in Deutschland
. Unterdrückung und Übergriffe der örtlichen Nationalsozialisten bis
hin zur Ermordung eines polnischen Zwangsarbeiters gehören ebenfalls
zum Geschichtsbild dieser Stadt.

Die Kontakte zwischen Gedenkstätteninitiative und ehemaligen Häftlingen
wurden fortgesetzt und intensiviert. Am 20. Mai 2000 kam es erneut
zu einem Treffen in Haslach. Wieder waren es 200 Personen, die noch ungezwungener
als beim ersten Mal der Stadt ihre Freundschaft anboten. Dabei
waren wiederum Gefangene, die zum Teil das erste Mal seit 1945 ihren


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