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Kurt Andermann
Ritterschaft kam dort überhaupt nicht zum Zuge.46 Die Straßburger Nebenstifte
- St. Thomas, Jung St. Peter und später auch Alt St. Peter - standen
Angehörigen des Niederadels zwar offen,47 darunter nicht zuletzt denen
aus der Ortenau, indes waren die Kanonikate dort sehr viel schlechter dotiert
, dazu auch weniger perspektivenreich als am Domstift und mithin sehr
viel weniger begehrt. Die darüber hinaus in Frage kommenden Domkapitel
von Speyer und Basel waren weit entfernt und verständlicherweise Domänen
des in der jeweiligen Nachbarschaft gesessenen Adels. Dennoch
schaffte es im 15. Jahrhundert ein Bach, in die Kapitel von Trier,48 Speyer49
und Mainz50 zu gelangen, auch ein Bock von Staufenberg war in Speyer
erfolgreich,31 und im 18. Jahrhundert finden sich zwei Schauenburger
als Domherren zu Basel;52 in Speyer allerdings war ein Schauenburger bereits
im 14. Jahrhundert mit seinen Ambitionen auf ein Kanonikat gescheitert
,53 ganz offensichtlich fehlte ihm der passende soziale Hintergrund.
Das Unterkommen in Klöstern verschiedener Orden war für den Adel
vergleichsweise einfach, konnte aber allenfalls dazu beitragen, das familiäre
Budget zu entlasten, indem es half, substanzgefährdende Besitzteilungen
unter mehreren Söhnen zu vermeiden und die Zahlung von Mitgiften
an allzu viele Töchter unter Kontrolle zu halten;54 so war am Ende des
Mittelalters in dieser Region vor allem das Zisterzienserinnenkloster Lich-
tenthal bei Baden-Baden55 ein vom oberrheinischen Adel vielbeanspruchtes
Spital für seine unverheirateten Töchter. Wie perspektivenreich hingegen
der dem Ortenauer Adel versagt gebliebene Erwerb von Domherrenpfründen
war, verdeutlicht für das 17. und 18. Jahrhundert das Beispiel der
Schönborn,56 der Walderdorff57 und anderer Familien aus dem rheinischen
Stiftsadel,58 die damals spektakuläre Karrieren machten, mehrere Bischöfe,
Erzbischöfe und Kurfürsten stellten und die fetten Pfründen der Reichskirche
in Oberdeutschland unter sich verteilten;59 die Schlösser in Bruchsal,
Meersburg, Würzburg, Pommersfelden, Trier und andernorts künden noch
heute von ihrem Erfolg.
Um an diesem kirchlichen Mehrwert teilhaben zu können, bedurfte es
aber auch eines entsprechenden Konnubiums, der Zugehörigkeit zu den
einflußreichen Heiratskreisen, innerhalb deren die Zulassung zu den begehrten
Domkanonikaten ausgehandelt wurde. Wie es um die diesbezüglichen
Verbindungen des Ortenauer Adels bestellt war, bleibt im einzelnen
noch zu erforschen; es scheint jedoch, als sei er in den dort maßgeblichen
Kreisen eher weniger präsent gewesen. Immerhin ist es - wie erwähnt -
denen von Bach im 15. Jahrhundert gelungen, entsprechende Kontakte zu
knüpfen und zu nutzen. Aber dann machte 1538 das Erlöschen des Geschlechts
allen Hoffnungen ein Ende und schließlich erfreuten sich die
Erben vom Mittelrhein, die Kronberg, Dalberg, Eitz und Knebel von
Katzenelnbogen, an dem vormals Bach'schen Besitz in Neuweier und Umgebung
.60 (Tröstlich bleibt für die Ortenau immerhin, daß die Knebel her-
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