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Reiner Vogt
kurzfristig notwendig geworden, um einem bestimmten Missstand entgegenzuwirken
. Genauso verhält es sich mit den anderen Anordnungen,
welche ebenfalls kurzfristig geändert oder teilweise immer wieder neu angeordnet
werden mussten.
Dorfordnung von Oberachern (ursprüngliche Fassung)
Die Dorfordnung ist eine Zusammenstellung „von uralten Herkommen"
und Rechten und regelte das Verhältnis zwischen der bäuerlichen Bevölkerung
des Dorfes und der Gemeinde sowie verschiedene Bereiche, welche
für die Gemeinde von außerordentlicher Wichtigkeit waren, wie örtliche
Selbstverwaltung, Weiderechte und Allmendfragen. So werden zu Beginn
der ursprünglichen Fassung die Aufgaben sowie Rechte und Pflichten des
Heimburger detailliert beschrieben (1584 „Burenmeister" und bereits 12
Jahre später „Burgermeister" genannt). Der erste Absatz5 hierzu lautet wie
folgt:
Wie ein Heimburger zu wählen
(1) Es ist zuo wissen aller mengklich, und ist ouch ein Herkumen
das man zuo Winachten seczt ein Heinbürgen, und uff wellen man da
feit der meistewenige under den Zwelfen, den sie da ziehent, der sol
und muos das Jar Heinbürge sin; und welcher sich des werte, der
muos das Jor us dem Dorff ziehen, und sol ouch kein Husroechung
han in dem Dorff des selben Jors; und wan das Jor uskumpt, wil er
dan wider in das Dorff, so müs er ein Omen Wins vorhin schicken,
koufinansguot on al geverde.
Er besagt, dass der Heimburger an Weihnachten durch Mehrheitsbeschluss
des Bauernzwölfers - auch Gemeindezwölfer genannt - für ein Jahr gewählt
oder ausgelost wurde und im Dorf wohnhaft sein musste. Falls er das
Amt nicht annehmen wollte oder konnte, war er verpflichtet, das Dorf ein
Jahr lang zu verlassen und bei seiner Rückkehr einen Ohmen Wein von
einwandfreier (Kaufmanns-)Qualität vorauszuschicken (Absatz 1). Eine
Anwendung dieses Absatzes ist durch die Absetzung des Heimburger Paulus
Stebel aus dem Jahr 1612 belegt, als sich Landvogt Reinhart von
Schauenburg auf die Dorfordnung bezog, weil der Müller Stebel in Seller-
hofen, einem abgegangenen Ort bei Erlach, eine Mühle gekauft hatte. Wie
man dem nachstehenden Originalzitat entnehmen kann, gab es aber noch
weitere gravierende - nicht genannte - Gründe, warum der Landvogt die
Entlassung persönlich verfügte.
Uff Weyhnachten anno 611 jst Paulus Stebel der Müller in der
Striet uff das 612 Jar zum Burgermeister gewählt Aber weil er ein
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