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Reiner Vogt
Dieser besagt, dass jedes Haus eine Leiter haben musste, die bis zum
Dachfirst reicht und im Notfall weder verwehrt noch verborgen werden
durfte, sonst war eine Strafe in Höhe von zwei Schilling Pfennig fällig
(45). Der Heimburger war außerdem berechtigt, sämtliche Leitern in Augenschein
zu nehmen, konnte bei einem Mangel zwei Schilling zugunsten
des Dorfes pfänden und schließlich auch das Einhalten dieser Vorschrift
ein weiteres Mal befehlen (46).
Um wahrscheinlich einer zunehmenden Anzahl von herumstreunenden
und wildernden Hunden Herr zu werden, verbot die Dorfordnung in Absatz
47 den Besitz von Jagdhunden22, oder Welpen, die nicht „verschnitten"
waren. Bei Missachtung dieser Vorschrift musste ein Pfund Pfennig bezahlt
werden - mit dem Gebot, die Welpen gemäß der erstgenannten Vorschrift
zu töten.
Im nächsten Absatz wurden - als erste Änderung der ursprünglichen
Dorfordnung, Absatz 37 - die Rechte des Erbauers einer Allmendrötze wesentlich
erweitert. Fiel die Rötze bei der bisherigen Regelung nach dem
Tod des Erbauers an das Dorf bzw. die Gemeinde zurück, so gehörte sie ab
sofort zum Hof. Dabei war es unwesentlich, ob der Besitzer starb oder den
Hof verkaufte. Schließlich wurde nochmals darauf hingewiesen, dass man
sich beim Errichten einer Rötze an die geltenden Regelungen zu halten
hatte (48). Der folgende Absatz 49 hatte ebenfalls einen direkten Bezug
zur ursprünglichen Dorfordnung, Absatz 38: dieser wurde insofern neu
formuliert, als wenn der bisherige Besitzer die Rötze nicht mehr benötigte,
er sie nicht verweigern durfte, wenn der nächste, der auf sie angewiesen
war, ihn darum bat. Außerdem durfte die Rötze nicht vermietet werden
(49).
Bewässerbare Wiesen sind seit Menschengedenken immer wieder
Gegenstand von Streitigkeiten zwischen den einzelnen Besitzern oder Eigentümern
. Deshalb wurde in den Artikeln 50 bis 55 der Dorfordnung die
Wässerung der Muhrmatte - jenem großen Gewann zwischen dem Mühlbach
und dem Bienenbuckel - genauestens geregelt:
Die heute überbaute Muhrmatte war früher - wie schon der Name sagt -
eine Feuchtwiese. Trotzdem war bereits im Mittelalter eine zeitweilige
künstliche Bewässerung notwendig. Um die Wässerung dieser Flächen zu
gewährleisten, gleichzeitig aber eine übermäßige Wässerung zu vermeiden,
waren gewisse Richtlinien notwendig. Deshalb wurde als Erstes festgelegt,
dass der Graben beim Haus des Schweinehirten Clauss ein „Abloßdich"
haben soll und die Wässerung nur drei Mal im Jahr möglich war: Im April,
im „Brochmonet" (d.h. im Juni)24 und im Herbst (50). Auch durfte eine
Wässerung nicht länger als acht Tage im Monat dauern (51) und war von
der Zustimmung des Heimburgers abhängig, weil dieser zu verantworten
hatte, dass die Plaueln (Hanfstampfen) und Mühlen am Mühlbach durch
die Wässerung nicht unter Wassermangel zu leiden hatten (53).
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