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Reiner Vogt
Mesnerdienst
Am 1. Dezember 1578 wurde dessen zweijährige Amtszeit festgelegt und
mit dem nachstehenden Textauszug dokumentiert:
Weitters abgehandeldt, des Meßners halben, der sol allwegen
zwey Jar angenomen und empfangen werden, auch bey seiner alten
Bestelung wie bißher beleyben. Doch sol er schuldk sein von Micha-
heli anne bis Mitterfast alle Obedt zu nein Uwren die mittel33 Glock
leiten, do mit die Underthanen wissen, das sie heimer zu usser der
Wirdtshüsser gehen sollen. Jm Meßner solen die Giter uff Bawer
Haussen Hof den Zehenden folgen lassen, wie von alters her.
Vogt zu Achern jnn landtgericht
Beschehenn uff Mandog nach Andrej anno 78 jnn bey sein Wendel
Hueber, Hanß Gutbrot, Kierchengeschwogere, Nicolaus Wittersteter,
Oberhelgenpfleger jm Ampt Achern, auch Her Matis Stryfflein, her
Conratt Eych, beede Pfarher zu Ober- und Underachern, auch den
Vogt zu Achern selpsten.
So war der Mesner verpflichtet, weiterhin seiner bisherigen Tätigkeit nachzugehen
, im Winterhalbjahr vom Michaelstag (29. September) bis Mitterfast
(Latäre, d.h. dem 3. Sonntag vor Ostern), die mittlere (ursprünglich die
große) Glocke zu läuten, um den Untertanen verstehen zu geben, dass sie
jetzt die „Wirtshäuser" zu verlassen hatten und nach Hause gehen sollten.
Wenn man den Inhalt des zweiten Teils dieser Dorfbuchnotiz zugrundelegt
, dann kann man daraus schließen, dass der Mesner von St. Stefan nach
der Vereinigung der beiden Pfarreien 1535 auch für die Johanneskirche zuständig
war, und dass deshalb auch beide Pfarrer (Conrad Eych von Ober-
achern, Mathis Stryfflein von Niederachern) beim Beschluss dieser Anordnung
dabei waren. Außerdem scheint sie von besonderer Bedeutung gewesen
zu sein, denn neben den Pfarrern und den Kirchengeschworenen von
Oberachern und Unterachern (bzw. Niederachern) waren auch noch der
Oberheiligenpfleger (= der Verwalter der Kirchenfinanzen) des Amtes
Achern und Vogt Witterstetter als Vertreter des Landesherren anwesend.
Bemerkenswert an diesem Dorfbuchauszug ist außerdem, dass die Familie
des Vogtes auch das Amt des Oberheiligenpflegers inne hatte.
Dieser Eintrag und das Vorschreiben des sonn- und feiertäglichen Kirchenbesuchs
sind weitere Hinweise auf die große Bedeutung des Dorfbuches
für die Heimatgeschichte: Schildern sie doch nachdrücklich den großen
Einfluss der Herrschaft auf das einfache Volk - auch mit Bevormundungen
, welche man sich heute nicht mehr vorstellen kann und die sich
niemand gefallen lassen würde!
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