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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 436
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Uwe ScheUinger

testätigkeit mit der Wirkung des Ausschlusses der freien Willensbestimmung
" könne deshalb „sicherlich keine Rede" sein. Allerdings warf Hoche
auf dem Hintergrund seiner Informationen die Frage auf, ob Kahn möglicherweise
Epileptiker sei „und den Betrug in einem epileptisch veränderten
Bewusstseinszustande begangen" habe. Seine Vorgeschichte sei „epilepsieverdächtig
".23

Was der von Kahn behauptete Besitz einer „besonderen Kraft" anbelangt
, so schlugen sämtliche Versuche, die Hoche persönlich mit ihm anstellte
, fehl. Kahn wollte dies darauf zurückführen, dass er bei den Sitzungen
mit Hoche „körperlich und nervös zu angegriffen [gewesen] sei, um
die nötige Konzentration zu erreichen."24

Gleichwohl, so der Direktor, sei es bei Versuchen mit dem Abteilungsarzt
Dr. Haymann durchaus zu erfolgreichen Experimenten gekommen, für
deren Gelingen Hoche keine Erklärung parat hatte. Haymann beschrieb in
seinem ergänzenden Bericht vom 16. November 1908 zuerst zwei Versuche
, die er am 11. und 12. September 1908 mit dem Angeklagten durchgeführt
hatte. Auch hierbei handelte es sich wieder um die schon bekannten
Experimente mit zusammengefalteten Zetteln. Dabei konnte Kahn im ersten
Durchgang anscheinend die Worte auf den verschlossenen Zetteln lesen
, die Haymann in Abwesenheit von Kahn beschriftet und danach nicht
aus der Hand gegeben hatte. Im zweiten Fall hatte Kahn den ersten Zettel
flüchtig an seine Stirn geführt. Weitere ähnliche Versuche an folgenden Tagen
hatten allerdings keinen Erfolg mehr, was Kahn in erhebliche Missstimmung
versetzte. Die Schilderung Haymanns ist allerdings wenig detailliert
, so dass man den genauen Versuchsablauf nicht mit Sicherheit bestimmen
kann.25 Sowohl Haymann als auch Hoche zeigten sich jedenfalls
überzeugt, dass ein Betrug in den gelungenen Fällen ausgeschlossen sei.

Ganz im Gegensatz zur Intention des Angeklagten hatten allerdings für
Hoche die besonderen Fähigkeiten Kahns „für die Zwecke der vorliegenden
Begutachtung nur sekundäre Bedeutung."26 Im Mittelpunkt stand der
psychische Zustand, in dem die kriminelle Handlung begangen worden
war. In seinem Gesamturteil wollte Alfred Hoche, der Kahn einigermaßen
misstrauisch gegenüberstand, diesem zwar eine gewisse psychopathische
Disposition zusprechen, die aber keine verminderte Zurechnungsfähigkeit
implizierte. Für ihn stand vielmehr fest, „dass bei K. zur Zeit der strafbaren
Handlungen in Baden-Baden und Berlin weder ein Zustand von Bewusst-
losigkeit noch von krankhafter Störung der Geistestätigkeit bestand, durch
welche seine freie Willensbestimmung ausgeschlossen gewesen wäre."27
Hoche ging damit auch nicht auf Kahns Angebot ein, dass er ihn bei einer
günstigen Beurteilung mit nach Monte Carlo nehmen würde, um ihm dort
zum Dank im Casino die richtigen Nummern vorherzusagen.28

Da sich Kahn auf dem Hintergrund dieses Gutachtens nicht mehr mit
dem Argument verminderter Zurechnungsfähigkeit verteidigen konnte,


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