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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 448
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Uwe Schellinger

der Psychologischen Gesellschaft zu Berlin, bei zwei Sitzungen mit dem
damals schon hoch betagten „Professor Reese" im Berliner „Hotel Bristol"
herausgefunden haben, wie Reese seine Hellseherei vortäuschte. Birnbaum
hatte Reeses Zetteltausch-Trick beobachtet und ihm sogar angeboten, darüber
Stillschweigen zu bewahren, wenn Reese seine Täuschung zugeben
würde. Dieser hingegen bot für später eine neue Variante des Versuchs an,
um daraufhin aus der Stadt zu verschwinden.77

Hinzu kam Paul Sünner, der Herausgeber der führenden parapsycholo-
gischen Fachzeitschrift Psychische Studien. Auch er wollte in Kahn neben
dem entlarvten Bert Reese einen „längsterledigten" zweiten „amerikanischen
Humbugprofessor" sehen; über ihn und seine „Spielernatur" brauche
man in Kreisen der wissenschaftlichen Parapsychologie eigentlich nicht
mehr zu diskutieren, so Sünner kategorisch.78 Sünners Kritik ging dabei
aber hauptsächlich vor allem in Richtung der Psychologischen Gesellschaft
, die mit Berichterstattung über diese Fälle lediglich „uralte Dinge"
wieder hervorhole, mit dem eigentlichen Zweck, die wissenschaftliche
Parapsychologie in Misskredit zu bringen.

Ein endgültiges Verdikt über Kahn sprach dann 1926 mit dem Berliner
Hypnosearzt Albert Moll tatsächlich der Vorsitzende der Psychologischen
Gesellschaft aus. Moll hatte sich früher als einer der engagiertesten Akteure
parapsychologischer Forschung hervorgetan. In den 1920er Jahren war
indessen schon lange seine Wandlung zu einem der führenden Kritiker auf
diesem Feld und somit zu einem hartnäckigen Gegner von Forschern wie
Paul Sünner vonstatten gegangen.79 Albert Moll reagierte in der 1926 neu
gegründeten Zeitschrift für kritischen Okkultismus auf die zwischenzeitlich
durchgeführten Pariser Experimente mit Kahn.80 In seinem Aufsatz kam er
detailliert auf die Lebensgeschichte des Hellsehers zu sprechen und verwies
ebenfalls auf dessen frühe Begegnung und Bekanntschaft mit Bert
Reese. Dessen Person und Vorgehen waren Moll durch die früheren Berichte
Robert Meyers sowie die Erkenntnisse seines Kollegen Birnbaum
bekannt geworden. Die Pariser Experimente unterwarf er einer scharfen
Kritik. Das Vorgehen und die Methodik der Experimentatoren sei alles andere
als professionell gewesen. Moll beanstandete insbesondere die mangelhaften
Niederschriften der Sitzungen: „Hat ein solches Protokoll irgend
etwas mit Wissenschaft zu tun?"81 Alles an den durchgeführten Experimenten
sei höchst fragwürdig: Die Tatsache, dass Kahn die Versuchsanordnung
bestimmte, dass sich die Anwesenden untereinander unterhalten hatten
und sich von Kahn ablenken ließen bis hin zum Faktum, dass die
Untersuchungspersonen dauernd wechselten und es sich bei den Anwesenden
teilweise um Verwandte handelte, etwa die Ehefrauen der Wissenschaftler
oder Familienmitglieder von Richet. „Solche Experimente", so
Moll, „sind keine Familienbelustigungen, auch keine Schaustücke für Neugierige
." Ein Sitzungstag „scheint ein Familientag für Richets [sie!] gewe-


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