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Ludwig Uihel
Auf der Liste sind insgesamt 33 Geschädigte aufgeführt, mehr als Grauels-
baum Haushaltungen hat (24). Darunter sind nämlich auch einige Lichtenauer
und Scherzheimer Bürger, die in dem überschwemmten Gelände
Schaden erlitten haben.
In einer Anmerkung unter der Liste steht noch eine die Bilanz sehr belastende
Bemerkung: „Das Feld von Graueisbaum ist 2-3 Schuh hoch mit
Kies und Sand bedeckt. Wenn das nicht weggeführt wird, kann das Land
nicht eingesät werden."
In einer Kurzbeschreibung der Gemeinde Graueisbaum wird vermerkt,
dass der Grundbesitz im Mittel nur dazu ausreiche, den halben Nahrungsbedarf
der Einwohner zu decken. Die andere Hälfte müssten sie durch eine
anderweitige Tätigkeit (Fischen usw.) dazuverdienen.
Fünf Beispiele aus der Schadensaufstellung der Dreierkommission geben
einen anschaulichen Querschnitt durch diese Besitzverhältnisse. David
Hänsel ist der Einzige, der aus seinem Grundbesitz leben könnte. Mit 3,5
Hektar hatte er ungefähr so viel wie ein Kleinbauer in der Rheinebene der
Umgegend. Er verdankte sein Stabhalteramt neben seinen menschlichen
Qualitäten sicher auch seinem „überdurchschnittlichen" Grundbesitz. Einem
armen Schlucker gab man das Amt nicht. Außer David Hänsel besaßen
noch vier Grauelsbaumer Bürger jeweils einen Acker von einem Jüch
Größe.
Die mit Abstand wichtigste Ackergröße war das „Viertel" (= 9 Ar) mit
69 Stück. Ein solches Grundstück nennt man in der Umgangssprache
„Äckerlein". Ein richtiger Acker hat ungefähr die doppelte Fläche. Doch
die Tendenz zur Aufteilung ging noch weiter. Man zählte in Graueisbaum
19 Zwergäcker mit einer Größe von einem „Achtel" (= 4,5 Ar).
Kennzeichnend für den Ackerbau jener Zeit war auch die Diversifizierung
, d.h. man pflanzte beim Getreide nicht nur Weizen, sondern dazu
auch Gerste und Hafer. Wenn eine Getreideart (z.B. der Weizen) nicht gut
gerät, so kann der Getreideausfall nie katastrophal werden. Merkwürdigerweise
fehlt der Roggen und der Halbweizen (Roggen + Weizen). Einige
Male erscheint auch der Hanf, das damals rentable Handelsgewächs. Saubohnen
pflanzte nur Hänsel. Die anderen Feldfrüchte kommen aber bei allen
Bürgern vor. Als Grundnahrungsmittel spielte aber die Kartoffel
(Grundbirne) die wichtigste Rolle. Jeder Haushalt pflanzte jeweils ein
Ackerstück. Das waren zur einen Hälfte Viertels-Äcker, zur andern Hälfte
Achtels-Äcker. Zwei Haushaltungen gaben sich mit einem halben Achtel
zufrieden (oder mussten sich zufrieden geben). Nicht ohne Grund wurde
deshalb Graueisbaum eine „arme Gemeinde" genannt.
Die Dokumentierung der Verluste an Feldfrüchten im Gesamtwert von
1516 Gulden diente als Grundlage für die anschließende Entschädigungsforderung
. Am 13. September 1813 wies das Bezirksamt Rheinbischofsheim
den Kinzigkreis darauf hin, dass die Gemeinde Graueisbaum vom
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