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Buchbesprechungen und Hinweise
725
Allweier, Sabine: Canallien, Weiber,
Amazonen. Frauen-Wirklichkeiten in
Aufständen Südwestdeutschlands 1688-
1777. Münster/New York/Berlin 2000
(= Kieler Studien zur Volkskunde und
Kulturgeschichte, Bd. 1), 260 S.
Sich zusammenrottende, wütende und
schimpfende „Weiber", die gemeinsam
ein Gefängnis stürmen und Gefangene befreien
oder eine ganze Stadt vor den Feinden
retten durch ihr mutiges Eingreifen in
die Händel - sie faszinieren bis heute. In
Kunst und Festumzug, in stadtgeschichtlichen
oder populären Darstellungen wurden
und werden diese Aktionen glorifiziert
. Aber entsprechen die geschilderten
Vorgänge eigentlich der Quellenlage? Anhand
von fünf Aufständen, an denen Frauen
maßgeblich beteiligt waren, geht die
Autorin dieser Frage nach: Pforzheim
1726, Freiburg 1757. Oberkirch 1777,
Schorndorf und Göppingen 1688. Die
Studie zeigt, basierend auf Gerichtsakten,
die historischen Wirklichkeiten der Frauen
auf. „Gebärdensprache" und „Körperlichkeit
", „Katzenmusik" und „Schmähschriften
" - die Themenvielfalt der Arbeit
ist groß. Sie ist unterhaltsam zu lesen, vor
allem natürlich, wenn die konkreten Ereignisse
geschildert werden: „Die Ober-
kircher Amazonen" hat ein anonymer
Chronist damals sein Werk betitelt, in
dem er beschreibt, wie 3-400 Weiber und
Mägde sich in der Nacht zusammenfanden
und „teils mit Äxten, Eisengabeln,
teils mit Säbeln und Pistolen" bewaffnet
das Gefängnis stürmten und den Kappeler
Gerichtszwölfer Krumholz befreiten: „Ein
starkes Weib aber nahm den Krumholzen
auf den Rücken, trug ihn die Stiege hinunter
und setzte ihn in Freiheit". Ein empfehlenswertes
Buch.
Martin Ruch
Alemannisches Jahrbuch 1999/2000.
Herausgeber Alemannisches Institut
Freiburg. Waldkirch 2001, 418 S.
„Der Hohe Schwarzwald im Mittelalter
" lautete eine Tagung des Alemannischen
Instituts in Verbindung mit der Gemeinde
Hinterzarten 1998. Vier Beiträge
zur Mundart von Hinterzarten (Schramb-
ke), zum Waldbild im Mittelalter (Ludemann
), zur Entwicklung des Flurbildes
am Feldberg (Habbe) und zur Erhaltung
der Hofsiedlungslandschaft (Mohr/Stadelbauer
) enthält das Jahrbuch. In weiteren
landeskundlichen Beiträgen werden die
Entwicklung des Verkehrs am Oberrhein
vorgestellt (Ohler), die Verwendung der
Farbbezeichnungen bei Hebel (Fischer)
und der Werkswohnungsbau in Baden und
Württemberg (Seif)- Letztere Studie
(Kurzfassung einer Freiburger Dissertation
) fällt besonders auf, da sie ein bislang
nur unzureichend untersuchtes Thema
vorstellt. Sie enthält eine Liste des Autors
zu Arbeitersiedlungen im behandelten Gebiet
: Die Ortenau ist mit mehreren Orten
vertreten (Berghaupten, Hausach, Kehl,
Lahr, Oberachern. Oberkirch, Offenburg).
Vielleicht regt die Studie zu lokalen Forschungen
an?
Martin Ruch
Baumann, Ulrich: Zerstörte Nachbarschaften
. Christen und Juden in badischen
Landgemeinden 1862-1940
(= Studien zur jüdischen Geschichte,
Bd. 7). Hamburg 2000, 341 S., 30 Abb.
Bis 1933 gehörte das enge Zusammenleben
von Juden und Christen zum Alltag
der ländlichen Regionen am Oberrhein.
Seit der rechtlichen Gleichstellung der Juden
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
hatte sich in vielen Dörfern und
Kleinstädten ein System gegenseitiger
Achtung und Kooperation entwickelt.
Beide Gruppen waren nicht nur über Handelsbeziehungen
, sondern auch in einem
Netzwerk sozialer Beziehungen miteinander
verbunden bis hin zur gemeinsamen
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