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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 51
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Das freie Reichstal Hannersbach - Über die schwierige Wahrnehmung von Geschichte

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(„Bestgewand"); 3. in der Beschränkung des Eherechts durch Heiratsverbot
mit Angehörigen einer anderen Grundherrschaft. Darin bestand die
Unfreiheit der ominösen „Leibherrschaft", die im Bauernkrieg zu einem
Kampfthema und später unter dem Stichwort „Sklaverei" gehandelt
wurde.14

Ein zweiter Bereich des Villikationssystems betraf den Klosterbesitz,
der in der Form von „Hufen" an Bauern ausgegeben wurde. Das beliehene
Gut bewirtschaftete der „Leh(en)mann" völlig selbständig15. Dafür leistete
er dem Kloster fest vereinbarte Natural- oder Geldabgaben und dem Fronhof
bestimmte Dienste. Das Gut, das er persönlich als Mann-Lehen auf
Lebenszeit erhalten hatte, konnte er häufig in ein Erb-Lehen umwandeln,
d. h. es blieb bei seiner Familie über Generationen hin. Daraus entwickelten
sich fast automatisch stabile bäuerliche Besitzverhältnisse. Es kommt
wohl nicht von ungefähr, dass sich das Kloster schon 1139 seinen gesamten
Besitz vom Papst selbst absichern ließ.

Wie oben schon erwähnt, gehörte im Mittelalter zum Kern jeder Herrschaft
, auch der Grundherrschaft, die Pflicht zu Schutz und Schirm. Für
die Kirchen und Klöster wurde seit Karl dem Großen diese konkrete Aufgabe
über die Institution der Vogtei geregelt.16 Zwar erscheint der geistliche
Grundherr auch als Beschirmer, aber um diesen Schutz wirksam zu
halten, bedurfte er eines mächtigen Adligen. In den konkreten Herrschaftsstrukturen
lässt sich freilich schon früh eine Gewichtsverlagerung von der
Grundherrschaft zur Vogtei feststellen, zumal Letzterer nicht nur die Sicherung
nach außen zukam, sondern auch die Beilegung von Konflikten im Innern
. Diese richterliche Tätigkeit wurde sogar zum Kern der vogteilichen
Kompetenzen. Für den Vogt wiederum entwickelte sich die Aufwandsentschädigung
in der so genannten Vogtsteuer zu einem wirtschaftlich bedeutsamen
Einnahmeposten. Herberge, Gastung, Teile der Strafgelder und vor
allem regelmäßige Grundzinse waren eng daran gebunden.

Bezeichnenderweise ist auch bald von den Gefährdungen der Klöster
durch ihre Vögte die Rede. Das Amt wurde gewissermaßen zum Einfallstor
adliger Machtentfaltung. Streit zwischen Kirchen und ihren Vögten um
Herrschaftsrechte gehörte schon im 10. Jahrhundert zum Alltag und bestimmte
ganz wesentlich das Programm der klösterlichen Reformbewegung
des 11. Jahrhunderts, der sich auch Gengenbach angeschlossen hatte;
„Libertas ecclesiae" - „Freiheit der Kirche" hieß das wirksame Stichwort
für Reformklöster wie Cluny oder Hirsau, um sich aus bedrückenden Bindungen
an laikale Macht zu befreien.

Noch in der Papsturkunde für Gengenbach von 1139 klingt diese Auseinandersetzung
deutlich nach. Den sechs Ortsnamen zum Elsass fügt das
Privileg einen Rechtssatz hinzu, der sich direkt an den Abt wendet: „In diesen
Dörfern des Elsass ist es dir und deinen Nachfolgern erlaubt, selbst einen
Vogt einzusetzen (advocatum constituere), der sich um das Fortkom-


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