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Kriegsende und erste Nachkriegsjahre in einem Dorf im mittleren Kinzigtal
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Generalleutnant Willy Seeger schrieb für den 19. April in seinem nachträglich
verfassten Bericht: „Division haelt Steinachlinie: Stromdenkopf -
Scharnfelsen - Steinach".22
Kurz vor dem Eintreffen der Franzosen wurden im mittleren Kinzigtal
zwischen Steinach und Wolfach alle Brücken gesprengt.23 Pfarrer Fischer
berichtet: „Am 19. April wurde von den Deutschen die Eisenbahnbrücke
gesprengt, daraufhin erfolgte das erste Artilleriefeuer auf das Dorf, das an
mehreren Häusern, etwa 6, Schaden anrichtet." Willy Seeger für den 20.
April: „Division haelt auch an diesem Tag die Steinachlinie. Feindangriffe
bei Steinach. Absetzen auf Linie Hausach-Haslach".24 Vom Steinacher
Ortsteil Lachen kommend fuhren französische Panzer in Richtung Steinach
und umgingen so die Panzersperren auf der Kinzigtalstraße, außerdem war
die Straßenbrücke über die Kinzig zerstört.25
Pfarrer Fischer schrieb: „Freitag, der 20. April war der Tag der Besetzung
. Den ganzen Tag über wurde zwischen Biberach und Steinach gekämpft
. Man hörte immer wieder Maschinengewehrf. Verwundete kamen
ins Dorf an den Verbandsplatz, um 9 Uhr beschoss die Artillerie das Dorf,
wobei die Kirche mehrere Treffer erhielt. Da die feindl. Truppen den Ort
einzuschliessen drohten, indem sie von allen Seiten von den Bergen kamen
, zogen sich die unsrigen zurück und abends zwischen 9 u. 10 Uhr
vollzog sich die Besetzung. Es gab an diesem Tag 8 Tote Soldaten, davon 2
in Boll. (Bollenbach; T.W.)
Der Herr Bürgermeister Neumaier vermittelte die Übergabe. Es gab am
Dorfausgang Haslach zu eine grosse Schiesserei, die deutschen Soldaten
aber zogen sich fluchtartig zurück, um nicht eingeschlossen zu werden.
Am Nachmittag war auch die grosse Kinzigbrücke gesprengt worden".26
Der größte Teil der Bevölkerung hatte sich versteckt in Felsenkellern, aber
auch in den eigenen Kellern in ihren Häusern.27
Steinach wurde also am 20. April 1945 besetzt, man kann aber auch
sagen, es wurde befreit, ironischerweise am letzten Geburtstag Adolf
Hitlers.
3. Erste Monate unter französischer Besatzung
Französische Soldaten zogen ins Dorf ein. Viele Dorfbewohner sahen damals
erstmals dunkelhäutige Menschen, denn viele der französischen Einheiten
bestanden aus Marokkanern und vereinzelt gab es auch Schwarzafrikaner
. Panzer, Infanterie, aber auch Truppen zu Pferd und Marokkaner auf
Maultieren kamen, durchsuchten die Häuser im Dorf und ein Teil der Soldaten
blieb im Ort.28
Pfarrer Fischer zu den Ereignissen nach der Besetzung: „Der Bürgermeister
, der zugleich stellvertretender Ortsgruppenleiter war, war im Ort
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