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Manfred Zittel
gau eine Partie machen können, so wärest Du toll, die Bamberger Bekanntschaft
länger fortzusetzen. (23. Febr. 1805). Oder er erwähnt, wie
oben angeführt, die Frau des todkranken Arztes Saliet. Am deutlichsten
wird er im Brief vom 9. November 1808: Wegen E. wünschte ich, Du ließest
es gehen und nähmest eine Inländerin zur Frau. [Der] Breisgau hat
gewiß viele brave Frauen, mit denen ein Mann, der nicht so wunderlich ist
wie ich [!], glücklich sein kann. Nebstdem empfiehlst Du Dich mehr, indem
es jedermann gern sieht, wenn man an den Seinigen Freude hat. Man
bleibt in den freundschaftlichen Cirkeln ... Ich glaube, daß Du in jeder
Hinsicht gut tun würdest, wenn Du ein Mädchen aus Freiburg nähmest.
Hüte Dich aber nur, ein Mädchen aus niederem Stande zu nehmen, Du verschließest
Dir dadurch alles Emporkommen. Lieber bleibe ledig. Wenn
Oken vor Mädchen aus niederem Stande warnt, so geschieht dies gewiss
nicht aus Dünkel, denn er hat sich seiner Herkunft nie geschämt. Der
Freund (der ja auch aus einem Dorf stammt) soll sich die Möglichkeit des
Emporkommens nicht verbauen. Hierin kann man Okens eigenen ausgeprägten
Ehrgeiz erkennen; doch ist dieser Ehrgeiz bei ihm mit der Überzeugung
und dem Anspruch an sich selbst verbunden, damit der Wissenschaft
und den Menschen zu dienen.
Da Keller aber an dem Heiratsplan mit Eve festhält, unternimmt Oken
alles ihm Mögliche, um ihn Wirklichkeit werden zu lassen. Er hatte im
Oktober 1807, vor seiner Antrittsvorlesung in Jena, Eve schon in Bamberg
aufgesucht, um sich einen Eindruck von ihr zu verschaffen. Sie hat mir gefallen
[zwar] schminkt sie sich etwas viel [aber] sie ist ein gescheites
, lebendiges Frauenzimmer, berichtet er Keller insgesamt recht positiv.
(25. Okt. 1807). - Drei Jahre später fährt er im November erneut nach
Bamberg, beschafft sich von einer Freundin der Familie genaue Auskünfte
über die Familien- und Vermögensverhältnisse und bereitet mit Hilfe dieser
Freundin einen Besuch Kellers bei der Familie vor. Er informiert Keller detailliert
über alles und empfiehlt ihm: Komm also, wenn Du kannst. Ich war
zwar gesonnen, diese Weihnachtsferien nach Göttingen zu reisen, allein es
unterbleibt jetzt. Ein wahres Opfer für den Freund, wenn man weiß, was ein
Besuch in Göttingen für Oken bedeutete! Er schließt den Brief: Leb wohl.
Geleite Dich der Himmel. Schreib mir bald ... (10. Dez. 1810). Doch Keller
zögert die Antwort hinaus. - Warum hast Du mir so lang nicht geantwortet
?, fragt deshalb Oken zwei Monate später. Er muss Keller mitteilen: Soviel
habe ich herausgebracht, daß Du sie nicht aufs Land bekommen wirst,
also nicht nach Oberrimsingen. Daher folgt in diesem Brief die schon erwähnte
Aufforderung, sich schleunigst um das Physikat in Bühl oder eine
Anstellung an der Universität Freiburg zu bewerben. (12. Febr. 1811).
Keller zögerte auch diesmal die Antwort hinaus. Vielleicht wollte er ja
erst den Erfolg einer eventuellen Bewerbung abwarten. Als Oken endlich,
am 16. April 1811, einen Brief von Keller erhält, der wohl dessen Absicht
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