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Gerhanl Lörsch
bach, Ried, Großweiern mit Flinten, Sensen, Spieße, Eisengabeln, Knüttel
und alle vom besten Willen beseelt. Von hier zog alles fort, die Beamten alle
ohne Unterschied. Sie kamen aber nicht weiter als bis nach Renchen,14
dort erfuhren sie schon, daß es ein blinder Lärm war, und zogen dann wieder
ruhig nach Hause.
Helene Peter erwähnte: Wir haben am Sonntag eine Versammlung vom
Mittel Rhein Kreis,15 wo viele Menschen16 hierher kommen werden. Wenn
nur erreicht wird, was zu unserem Besten ist, es ist überhaupt eine sehr bewegte
Zeit, eine sehr ernste Zeit. Von Krieg kann jetzt noch keine Rede
sein, das darfst Du itzt noch nicht fürchten. Was es später gibt, weiß nur
der liebe Gott. Wir wollen hoffen, daß er es zum besten lenkt. Es steht
überhaupt ganz Europa eine Umwälzung bevor. Man ist immer so aufgeregt
, wenn man nur auch wieder ruhig sein könnte, aber wir müssen denken
, es geht uns wie noch vielen Millionen Menschen.
Der nächste Brief trägt das unvollständige Datum „den ... April 1848",
dazu den Vermerk: „in Eile"; es war der Ostersonntag, der 23. April 1848.
Hier war vorgestern alles in Aufregung, nachts um 11 Uhr kam noch Militär
, die Bürger nahmen sie durchaus nicht an, weil sie in der Nacht kamen.
Franz wollte sie zum Nachgeben bereden, aber er wurde überschrieen.
Gestern mittag kamen sie dann, das Volk ist im ganzen außerordentlich
aufgeregt, man darf solches nicht auch noch reizen. Du hättest den Tumult
hören sollen, die ganze Straße vors Bürgermeisters war schwarz vor Menschen
. Das Militär zog aber dann wohlweislich ruhig auf die Eisenbahn
und übernachtete dort.17
Josef Ignaz Peter, gegen seinen Willen von Friedrich Hecker zum
„Statthalter" im Seekreis ernannt, war in die Schweiz geflohen. Seine Frau
fand mit den beiden Töchtern Emma und Marie zunächst bei Acherner
Verwandten Zuflucht.18 Die Tante und ihre Kinder sind sehr betrübt über
ihre Abwesenheit von ihrem guten Vater, die Karlsruher meinen es doch
gut mit ihm,19 und sollen gesagt haben, er hätte sich eher sollen in Stücke
hauen lassen, als nachgeben, und wäre ja er in Stücke gehauen worden, so
wäre es ja noch vielen so gegangen, wäre das recht gehandelt gewesen,
wenn noch so viele unglücklich geworden wären, o ihr Menschen! Nun ich
enthalte mich alles weiteren.
Am Ostermontag, am 24. April, beschlossen die Acherner Demokraten,
Hecker auf seinem Zug von Konstanz nach Freiburg Hilfe zu bringen. Unter
Führung des Arztes Karl Ludwig Habich und des Oberacherner Kaufmanns
Jakob Rüster20 rückten sie in der Frühe des folgenden Tages aus.
Die Freischar, die gegen Mittag in Oberkirch ankam, zählte „weit über 150
Mann"21. Sie lief auseinander, als im Renchtal Heckers Niederlage kund
wurde. Die Anführer flohen nach Straßburg. - Am 7. Mai 1848 kam Helene
Peter auf diese Geschehnisse zu sprechen: Hier hatten wir viele Sorgen
und noch, es sind manche auch von hier geflüchtet, weil sie an einem Mor-
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