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Mineihmgen
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Wie das Grimmelshausen-Gymnasium zu seinem
Namen kam
Mit Erlass Nr. B 35783 vom 4. September 193 schrieb der badische Kultusminister
Otto Wacker an die Direktion des Gymnasiums in Offenburg:
„Ich bestimme, dass die dortige Schule mit sofortiger Wirkung den Namen
Grimmelshausen-Gymnasium zu führen hat. Die Bekanntgabe dieser neuen
Bezeichnung im Amtsblatt wird erfolgen, sobald die Namen aller höheren
Schulen festgelegt sind. Das neue Dienstsiegel mit der Umschrift: ,Der
Direktor des Grimmelshausen-Gymnasiums in Offenburg' wird von hier
aus besorgt und der Schule seinerzeit zugehen."
Die „sofortige Wirkung" der Namensänderung war in Briefköpfen und
Zeugnisformularen nicht zu sehen. Noch im ganzen Jahr 1938 brauchte
man die alten Bögen auf - der Kultusminister hatte „nichts dagegen einzuwenden
" gehabt - und stempelte den neuen Namen dazu.
Bei der Stadt Offenburg ging dieser Erlass am 10.9.1937 ein, am 14.9.
brachte das Offenburger Tageblatt im „Stadtspiegel" folgende Meldung:
„Zur Erinnerung an den großen Dichter des 30jährigen Krieges hat das Badische
Ministerium des Kultus und Unterrichts durch Erlass vom 4. September
dem Offenburger Gymnasium die Bezeichnung „Grimmelshausen-
Gymnasium" verliehen.
In der Offenburger Bevölkerung hieß die traditionsreiche Schule das
„humanistische Gymnasium", weil dort die alten Sprachen Latein, Griechisch
und Hebräisch erlernt werden konnten. Diese Sprachen hatten die
Humanisten der Renaissance zur unerlässlichen Voraussetzung für das Studium
der Bibel und der antiken Literatur erklärt. Zu den klassischen Altertumswissenschaften
zählten auch Kunst, Architektur und Archäologie.
„Humaniora" war der Sammelbegriff, der sich an der Universität des 17.
und 18. Jahrhunderts dafür eingebürgert hatte.
Damit wäre die Frage, wie das „Grimmeis" zu seinem Namen kam, eigentlich
beantwortet. Interessanter, aber auch schwieriger nachzuzeichnen
ist der Weg, wie man zur Entscheidung für Grimmelshausen kam. Bei
Durchsicht der Schulakten im Stadtarchiv mutet es merkwürdig an, dass
die (vielleicht unvollständigen?) Konferenzprotokolle von 1937 die Namensgebung
mit keinem Wort erwähnen. Gab es keinerlei Vorbesprechung
oder Beratung in der Lehrerschaft?
Bei einem Vortrag in der Grimmelshausenrunde 1976, abgedruckt in der
„Ottenau" 1977, S. 51 ff., 300 Jahre nach Grimmelshausens Tod, berichtete
Dr. Franz Burda, dass der Namensvorschlag von seinem Freund Dr. Karl
Pfaff gekommen sei. Pfaff, Jahrgang 1901, war in der Nazizeit stellvertretender
Schulleiter geworden, und sein Wort hatte zweifellos Gewicht.
Auch in der Sache spricht nichts gegen Burdas Erinnerung, denn neben
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