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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 36
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Marlin Ruch

Man möge mit ihnen machen, was man wolle, sie müßten einmal auf der
Welt sein und leben!"

Die dritte Frau heißt Magdalena Steiner, „gut katholisch" und aus Ettlingen
gebürtig. Der Vater, „ein Soldat, von Geburt aber ein Zigeuner", ist
in Oberkirch gestorben, ihre alte Mutter Katharina aber sei mit ihr gefangen
worden. Sie ist verheiratet mit dem Zigeuner Josef Berger, der in der
letzten Nacht aus der Gefangenschaft entkommen sei. „Warum er aus dem
Verhaft durchgangen? Weil man ihm die Band angelegt. Er sei halt gewaltig
erschrocken und weil man ihn ohne Ursach mit Ketten beladen, habe er
gefürchtet, es möchte ihm noch ärger ergehen, sei halt ein junger Mensch."
Ob sie immer schon in diesem Zigeunerleben gewesen und darin erzogen
worden? „Ja, sei in solchem geboren und erzogen worden." Bislang war
die Familie bald da, bald dort im Schwabenland und dem Breisgau um
Freiburg herum, seit dem Herbst aber seien sie hier „und zwar zu Zunsweier
, Diersburg, Berghaupten, Schutterwald, Hofweier und hier". Mit
Spinnen, Nähen und Betteln habe sie sich ernährt. Auch sie meint auf die
Frage, warum man sie nicht überall dulde, andere würden ihnen Diebstähle
in die Schuhe schieben, „und daß dann die Leut glauben, daß die Zigeuner
es getan, wenn sie schon unschuldig seien." Und auch sie argumentiert:
„Können aber nicht in denen lüfften seyn, noch in Boden schliepffen, viel
weniger dörffte sie sich selbst umbringen, müßte einmahl auf der Erden
seyn und bey denen Leüth mit Bettlen die Nahrung suchen. Wann sie Gott
erlöste, wolle sie gewüß nicht in disem Leben bleiben."

Magdalena Steiner, „dem ansehen nach mag sie wohl 18 Jahr alt seyn",
katholisch, noch ledig und ebenfalls aus Wippertskirch, meint auf die Frage
„ob sie im Zigeunerleben geboren und erzogen worden? Ja, sei aber mit
ihrer alten Mutter nicht allezeit bei ihnen gewesen, sondern von und zu ihnen
gegangen." Ernähren würde sie sich mit Nähen, Stricken, Waschen
und auch Betteln in Schwaben, Württemberg und um Freiburg. „Ob ihr
nicht bekannt, daß die Zigeuner aus dem ganzen Schwäbischen Kreis verbannt
und wie vogelfrei seien, und daß sie ohne alle Gnade mit dem Tod
gestraft werden sollen? Das habe sie noch niemalen gewußt, die Schelmen
und Diebe täte man henken, nicht aber diejenige, die sich fromm erhalten
wie sie, sie stehlen ja niemand nichts."

Als letzte wird Christina Winterstein verhört, auch sie „gut katholisch",
aus Merdingen stammend, wo sie auch getauft worden sei. Der Vater habe
keinen Beruf, „sei ein alter Bettelmann, habe lang unter den Soldaten gedient
, man nenne ihn nur den alten Bilger und sei ein frommer Mann." Warum
ihr Mann aus der Gefangenschaft entflohen sei? „Werde wohl besorgt
haben, daß man ihn henken wollte, weil man ihn in die Band gelegt, sei
halt ein junger verschrockener Mensch, habe seiner Lebtag nichts gestohlen
." Ernähren würden sie sich vom Bettel, denn zu schaffen gebe man ihnen
nichts.


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