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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 46
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Jane Kwiek

Kenntnis der Geschichte der Sinti und Roma ist grundlegend ein Wegbereiter
für ein besseres Verständnis für die Leidensberichte der alten Menschen
, aber auch für die Gegenwart dieser Minderheit selbst. Deswegen
habe ich mich bewusst für dieses Mal für die Darlegung des geschichtlichen
Hindergrunds und seine Auswirkungen bei der Minderheit der Sinti
und Roma in der Gegenwart und in unserer Gesellschaft entschieden.

Begleiten Sie mich, liebe Leserinnen und Leser der ORTEN AU, in die
sachlich-nüchternen Teil-Abschnitte des folgenden Berichtes, die ich in die
Themen „Geschichte", „Leiden", „Traumatisierung" und „Diskriminierung
" unterteilt habe, und verfolgen Sie mit mir die Geschichte und das
Leiden eines traumatisierten Volkes bis in die heutige Gegenwart. Nach
diesem Bericht, so bin ich überzeugt, können die Leidensberichte unserer
alten Menschen mit jenem (notwendigen) besonderen Verständnis aufgenommen
werden, das den Leiden der Überlebenden des Nationalsozialismus
durch Anerkennung und Aufwertung gerecht werden kann.

Der Völkermord an über 500.000 Sinti und Roma und Millionen Juden ist
ein in der Geschichte der Menschheit einzigartiges Verbrechen, das sich jeder
Gleichsetzung mit anderen Gräueltaten und Völkermordverbrechen
entzieht. Einzig und allein aus so genannten „Gründen der Rasse" wurden
die Opfer im gesamten europäischen Machtbereich der Nationalsozialisten
ausgegrenzt, entwürdigt, entrechtet, verfolgt und ermordet. Die besonderen
Merkmale dieser im deutschen Namen vollzogenen Verbrechen sind: die
ideologische Vorbereitung, die systematische Organisation, die totale Erfassung
, die bürokratische Planung, die fabrikmäßige Vernichtung.

Der Holocaust war eben kein blindes Wüten, kein hasserfüllter Exzess,
sondern politisches Programm, er wurde kaltblütig und kontrolliert vollzogen
. Die Entwürdigungen, Verleugnungen, Beraubungen und Deportationen
der Opfer fanden in aller Öffentlichkeit statt. Grundlage war die in
Universitätsschriften wie Schulbüchern verbreitete Rassenideologie der
Nazis, die Aufteilung in „Herrenmenschen" und „Untermenschen". Das erklärte
Ziel wurde „Ausmerzen" oder „Reinigung des Volkskörpers" genannt
und bedeutete am Ende nichts anderes als die Vernichtung aller Juden
, Sinti und Roma vom gerade geborenen Säugling bis zu den alten
Menschen. Keiner sollte entkommen.

Die rund 600-jährige Geschichte der Sinti und Roma in Mitteleuropa
war von Beginn an eine Geschichte der Verfolgung, der Diskriminierung
und Entrechtung, des versteckten und offenen Rassismus. Dennoch blieben
Möglichkeiten des Lebens und Überlebens, und schließlich auch, ähnlich
wie bei den Juden, der Integration. Zum „Zivilisationsbruch", zu dem in
der Geschichte der Menschheit einzigartigen Verbrechen des Holocaust,
aber kam es im 20. Jahrhundert mit dem Völkermord an den Juden, Sinti
und Roma.


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