http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2004/0186
186
Frank Flechtmann
schäftliche Kontakte. Dazu war nur noch notwendig, dem Helfer ein wenig
zu helfen - nur wenn er in Freiheit war, wäre seine Unterstützung für den
jungen Mann möglich.
Recht verwegen waren die Pläne, die nun geschmiedet wurden - zwischen
Häftlingen und ihren Bewachern. In einem deutschen KZ. Es wurde
vorgeschlagen, mit der Bahn zur Ostsee zu fahren und nach Schweden zu
entkommen. Doch Bächle schlug das Gegenteil vor: mit dem Auto nach
Süden, in die Tschechoslowakei. Als Veteran der Bewegung nannte er auch
einen aussichtsreichen Tag: an des „Führers" Geburtstag, dem 20.4.1935,
wären doch die Grenzwächter bestimmt abends betrunken.24 Dieser Plan
wurde also nun umgesetzt.
Doch es kam etwas dazwischen. Einen Tag vor dem großen Coup lehnte
der zu Befreiende die Freiheit ab. Er hatte erfahren, dass in der folgenden
Woche Ludendorff zum „Führer" gehen würde, ein anderer alter Kampfgefährte
. Und da würde er bestimmt bald freigelassen, legal. Hans Bächle
war wohl traurig, dass er seine Heldentat nicht vollbringen sollte, sein kleiner
Annaberg. Da schlug ihm Beppo Römer Ersatz vor. Unter den gefangenen
SA-Männern waren die beiden Adjutanten des schlesischen Gauleiters
und Oberpräsidenten Helmuth Brückner,25 Helmut Hausmann und Dieter
Wiendieck. Römer schlug nun vor, dass diese beiden befreit werden sollten
- und Bächle akzeptierte es. So bereitete er also alles für den Abend des
20. April vor, und das war nicht wenig. Denn er konnte noch gar nicht
Auto fahren. Er hatte zwar mit Hilfe eines älteren Kameraden schon ein
Auto gemietet, in der Schleiermacherstraße 37, unweit der Bergmannstraße
. Aber nun musste ihm erst sein Kamerad Willy Schlayer Fahrstunden
geben. Das war am 19. und 20. April. „Jede freie Stunde, ja Minute verwendete
ich um meinem Freund das Autofahren so einigermaßen beizubringen
. Am Abend des 19. April ließ ich B. den Wagen besorgen um keinen
Verdacht gegen mich aufkommen zu lassen, wenn der Wagen an der
Grenze gefunden wird, fuhr mit ihm noch einige Runden", sollte Schlayer
später mitteilen, als er 1962 auf Entschädigung hoffte.26
Und es klappte tatsächlich.
Auf der Flucht durch mehrere Länder
Erst am 18. April hatte Beppo Römer die beiden SA-Männer aus Breslau
mit Bächle bekannt gemacht, weil er wie Schlayer für ihn schon „etwas geschmuggelt
hatte und unzufrieden war".27 „In der Nacht des 20. April gelang
die Flucht in die Tschechoslowakei". Das Fahrzeug war ein Opel P4,
fuhr maximal 80 km/h.28
Über Kottbus gelangten sie ins Riesengebirge, ließen das Auto an der
Grenze stehen, Bächle warf seine Pistole weg und die Uniformteile. Man
hatte sich an der Grenze auf Kampf eingestellt: „Wir wollten bei Wider-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2004/0186