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Frank Flechtmann
und nach Berlin gefahren. Dort kommt er am 1. April 1936 um 9 Uhr an.
Und wird sofort Heydrich vorgeführt, der ihn ohrfeigt - unter Hinweis auf
die Verletzung des SS-Grundsatzes: Unsere Ehre heißt Treue.32
Dann beginnen die fast täglichen Verhöre, auch der Kameraden, die als
Mittäter aus ihm herausgefragt werden. Schlayer wird verhaftet. Zwei SS-
Kollegen, die zum Glück nicht richtig eingeweiht waren, kommen mit dem
Schrecken davon.
Gleich in der ersten Vernehmung am 1. April 1936 nennt Bächle sein
Motiv: Die Wachmannschaften aus Dachau seien gegenüber denen aus Ellwangen
bevorzugt behandelt worden.
„Hatte aber einer von uns Württembergern etwas ausgefressen, (...).
Wir Württemberger hielten uns daher etwas an die Gefangenen, von denen
wir glaubten, daß sie uns bei einem geplanten Übertritt in den Zivilberuf
von Nutzen sein könnten. Einer der Häftlinge, die uns stets von ihren guten
Beziehungen erzählten, (...) war (...) Römer. Schlayer, mein bester Freund,
hat mich mit ihm bekannt gemacht. (...) gez. Klude, Kr. Sekr." Und schildert
das fidele Leben im KZ.
„SS-Oberführer Dr. Reiner gewährte einzelnen Gefangenen (aus Breslau
) besondere Erleichterungen, sie durften nach Belieben rauchen, schreiben
lesen, spazieren gehen und sich gegenseitig besuchen."
Inzwischen hat die Mutter in Offenburg schon etwas gehört, sie schreibt
zunächst an die Gestapo Lörrach: Bin in Sorge als Mutter, darf ich ihm
schreiben, Heil Hitler.
Ihr Bruder Jakob Brohammer schreibt aus Waldkirch an seinen Parteigenossen
Rudolf Hess nach Berlin: Seine Mutter wendete sich um Rat an
mich, ich riet sich zu stellen. - Der Onkel erwähnt die „notwendige Geschlossenheit
aller Deutschen während des Wahlkampfes."33 Weist auf das
jugendliche Alter hin - 78 V2. Einziger Sohn, er war ihr Stolz - beziehungsweise
Kummer. Und dann das Loblied des „alten" Junior-Kämpfers:
„Er war in den Jahren 1929/30 schon in der ständig verfolgten und geschmähten
völkischen Buchhandlung in Offenburg tätig und schloß sich im
März 1931 der Hitlerjugend an." Ein gewisser Hauptmann Römer „nutzte
seine jugendliche Unerfahrenheit und grenzenlose Gutgläubigkeit aus."
Die Mutter sei „seelisch völlig zusammengebrochen, ich als dreimal verwundeter
Frontkämpfer verpflichtet ..." „Er ist kein Schuft", wollte nicht
„dem Vaterland schaden." Und dann die Verkehrung der Tatsachen: „Er hat
sich ja auch noch nachher zum Nationalsozialismus bekannt und wurde
deswegen in keinem Land geduldet. Heil Hitler, gez. J. Brohammer."
Der Stab des Führers in München gibt die Eingabe am 6. Mai 1936 dem
Reichsführer SS zur weiteren Veranlassung.
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