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„ Wenn ich so an meine Heimal denke, wenn ich so die Berge betrachte
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mehr sehen oder hören, der nur auf den Moment lauert, wo er eine Schwäche
bei dem Anderen entdeckt um ihn zu strafen. (...)
Kein Mensch wird uns helfen, denn man denkt nur an Vernichtung. Unsere
Strafe haben wir verbüsst, aber damit ist ja nicht genug, erst wenn es
einem dieser Herren einmal zum Frühstück geschmeckt hat, dann können
wir mal Glück haben, dass man uns frei lässt. (...)
Gesuche um Gesuche helfen mehr, denn wenn sie sehen dass sich jemand
bemüht, dann sind sie vorsichtiger in ihrer Beurteilung. Schreibe
auch Du immer wieder und wenn es auch noch keinen Zweck hat. Und nun
will ich mal etwas anderes Dir schreiben.
Meine bisherige Arbeit war zufrieden stellend, denn ich bin sozusagen
in meinem Beruf drin. Aber mit welchen Schwirigkeiten er verbunden ist,
möchte ich hier nicht aufführen. Solange es gut geht mag es eine Hilfe sein
für mich, aber umso strenger wird es sein, wenn es nicht mehr sein kann
durch eine geringe Abweichung, die man unversehens machen kann, oder
sogar machen muß zur Erhaltung des Eigenen Ichs. Schweigen wir aber,
über Vorteile und Nachteile und denken wir an die Zukunft. Wir erleben
jetzt eine Zeit in der die Vergangene eine noch schöne gewesen sein wird,
gegenüber der kommenden. Hunger ein Wort und ein Begriff ist ja jetzt zur
Alltäglichkeit geworden und man ist immer bemüht es auf ein Minimum
herab zudrücken. So mancher Brief ist hier schon eingegangen, in dem
nicht sehr erfreuliches steht, denn draussen ist es nicht viel besser. Und wie
steht es bei Euch. Habt ihr noch soviel dass es ausreicht. Du hast mir eine
Karte geschrieben von G. über die ich mich sehr gefreut habe, denn die Erinnerungen
, die mit diesem Ort66 verbunden sind, sind doch nur angenehme
. Wenn du mal in Berlin darum nachsuchen würdest, dass ich hier von
Euch Pakete empfangen könnte, dass mir etwas Hafterleichterung verschaffen
würde. In Form von Brief und Paket Empfang. Ob es gelingt will
ich allerdings bezweifeln, aber ein Versuch kostet ja nichts. Für jetzt hätte
ich ja einen Weg gefunden, der muß aber genau eingehalten werden, damit
keine Unannehmlichkeiten entsehen für mich und für den Jenigen der zwischen
Dir und mir steht. Wenn Du trotz der Einschränkung noch etwas entbehren
kannst, so versuche mir etwas zuschicken, und zwar einmal und
dies nach Möglichkeit gleich an: SS-Rottenführer Bernd Deffur an die hiesige
Adresse, die Dir ja bekannt ist. Von hier aus werde ich dann das Paket
erhalten, sehe bitte aber zu, dass es in Straßburg aufgegeben werden kann
oder in Kehl. Als Abs. nehmt Frl. Erna Müller aber nicht aus Off. abschicken
sondern von der Bahn unmittelbar oder von einem aufgeführten Ort.
Es darf auf keinen Fall von dort aufgegeben worden sein. Der Name haben
wir so ausgemacht. Spätere sendet an SS-Sturm- Sedelmayer, Josef mit
gleicher Adresse und gleichem Abs. In meinen Briefen werde ich dann Bezug
darauf nehmen. Schreibe ich einen Gruß an Anitle, so habe ich das Paket
erhalten, schreibe ich einen Gruß an Hanni, so könnt ihr eines abschi-
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