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Ralf Bernd Herden
thron, reiste gern unter dem Pseudonym eines Grafen von Falkenstein, um
relativ unerkannt seine Länder inspizieren zu können.6 Und Markgraf Karl
Friedrich von Baden (1728-1811), seit 1806 erster, badischer Großherzog,
trat am 5. Juni 1761 unter dem Namen „Graf von Eberstein" nicht nur mit
seiner Frau, Markgräfin Karoline Luise geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt
(1723-1783), sondern auch mit den markgräflichen Prinzen eine Reise
nach Paris an.7 Auf dem Weg zu seinem fehlgeschlagenen Staatsstreich
nach Strasbourg im Jahre 1838 nannte sich Louis Napoleon Bonaparte
(1808-1873), der spätere französische Kaiser Napoleon III., nach einem
Herren von Sigmaringen8. Und selbst noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts
reiste der russische Großfürst Pjotr Nikolajewitsch (1864-1931), ein Enkel
des Zaren Nikolaus I. (1796-1855) unter dem Decknamen eines Grafen
Djulber. Die Anregung dafür hatte ihm der Namen eines seiner Güter gegeben
.9
Auch die Auswahl der königlichen „Decknamen" ist übrigens nicht ohne
ein gewisses geschichtliches Interesse:
Graf Dufour nannte sich der König selbst. Er wählte damit den Namen
eines Hugenottengeschlechts, welches seit dem 17. Jahrhundert im Raum
Leipzig ansässig war und dort u. a. im Rohseidenhandel und in Bankgeschäften
recht erfolgreich tätig war. Die Familie führte zwar keinen Grafentitel
, gehörte jedoch zur wirtschaftlichen Elite ihrer neuen Wahlheimat
.10
Graf Schaffgotsch war der Deckname des Prinzen August Wilhelm. Der
wohl - nicht nur zu jener Zeit - bekannteste Graf Schaffgotsch war Philipp
Gotthard Graf von Schaffgotsch" (1716-1796), 1738 in Wien zum Priester
geweiht. Schaffgotsch trat 1740, nach der Annexion Schlesiens, auf die
Seite Friedrichs II., wurde 1743 Abt des Sandstiftes, 1744 Bischofskoadju-
tor des Kardinals Sinzendorf, 1747 Fürstbischof von Breslau. Er überwarf
sich später, nach Ausbruch des siebenjährigen Krieges, mit Friedrich II., so
dass das Bistum nach Friedensschluss 1763 unter staatlicher Zwangsverwaltung
blieb. 1766 schließlich zog sich Schaffgotsch auf sein in österreichischem
Territorium gelegenes Schloss Johannesberg zurück und
beschränkte sich auf die Verwaltung der österreichischen Teile seines
Bistums.
Interessant ist fernerhin, dass Philipp Gotthard Graf Schaffgotsch,12
Fürstbischof von Breslau, noch als Abt und Domkanonikus Mitglied der
Freimauer-Loge „Zu den drei Totengerippen" in Breslau geworden war.
Friedrich der Große13 war bereits seit 1738 Mitglied des Freimaurerbundes
geworden, brachte die Freimauerei nach Berlin und hielt in Charlottenburg
selbst Loge. Er hatte auch selbst seinen Bruder Wilhelm14 in den Freimaurerbund
aufgenommen.
Graf Schaffgotsch wiederum soll der Stifter der in seinem Auftrag von
den Grafen Hoditz und Grossa in Wien gegründeten Loge „Zu den drei
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