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Ralf Bernd Herden
Abendtafel bat. Nach anderen Quellen soll er seinen Herbergswirt gebeten
haben, Offiziere zu seiner Abendtafel zu bitten.21 Die vorzügliche Tafel,
Geist und Anmut der Unterhaltung sollen die Gäste sehr beeindruckt haben
. Angeblich soll Friedrich IL, ein großer Freund der französischen Kultur
und Sprache und auch des großen Voltaire, Zeit seines Lebens besser
französisch als deutsch gesprochen haben. Eine Tatsache, welche viele seiner
späteren Verehrer, insbesondere jene, welche ihn für eigene politische
Zwecke missbrauchten, konsequent zu verschweigen suchten.
Den fröhlichen und zufriedenen Gästen soll es an diesem Abend nicht
gelungen sein, das Geheimnis ihres Gastgebers zu lüften.
Am kommenden Tage aber habe König Friedrich II. die Parade besucht
- und dort sei dann von einem Soldaten, welcher zuvor in preußischen
Diensten gestanden habe, das Inkognito gelüftet worden.22 Wahrscheinlicher
erscheint jedoch, dass die eingeladenen Offiziere Verdacht schöpften
, und zu diesem Zwecke am folgenden Abend, anlässlich ihrer Gegeneinladung
an den König, gezielt einen preußischen Deserteur ihres Regiments
wohl zum Ordonnanzdienst heranzogen. Dieser erkannte dann Friedrich
IL Die Reaktion des Königs: Er reiste sofort am kommenden Morgen,
gleich bei Öffnung der Tore, wieder ab. Marschall de Broglie soll so erst
nach der Abreise von seinem hohen Gast erfahren haben.23
Andere Quellen berichten, Marschall de Broglie, der französische Gouverneur
von Strasbourg, habe es sich nach der Lüftung der Tarnung des
Gastes nicht nehmen lassen wollen, den König mit den ihm zukommenden
Ehren zu empfangen, und ihn selbst durch die Festung geführt. Der Schneider
habe die Bezahlung der gelieferten Kleider abgelehnt, sei es ihm doch
Ehre genug gewesen, für den Preußenkönig arbeiten zu dürfen. Am Abend
habe man in den Straßen Strasbourgs dann Freudenfeuer angezündet24 ...
Andere Berichte wiederum führen aus, Gouverneur de Broglie habe den
unbekannten Grafen, ohne ihn zu erkennen, höchstpersönlich durch die Zitadelle
geführt.25 Und eine weitere Version lautet dahin, dass die geladenen
Offiziere ihrem Kommandanten de Broglie über den merkwürdig großzügigen
, unbekannten Gastgeber berichtet haben. Dieser habe seine Offiziere
zur Vorsicht gemahnt, jedoch habe sich das Problem dadurch gelöst, dass
Friedrich der Große zwischenzeitlich bei einem Stadtbummel durch Strasbourg
erkannt worden sei, und nunmehr, ganz Gentleman seiner Zeit, dem
Marschall de Broglie artig einen kurzen Besuch abgestattet habe,26 wie dies
unter ritterlichen Ehrenmännern damals noch üblich war. Nach einer weiteren
Version soll man sich, nachdem man gemeinsam mit Marschall de Broglie
getafelt hatte, mit diesem sogar zur Komödie verabredet haben, und,
unter Nichteinhaltung der Verabredung, dann schleunigst abgereist sein.27
Von Strasbourg abwärts reiste der König dann mit seinem Gefolge in
das preußische Wesel. Ob es stimmt, dass der König eigentlich auch inkognito
nach Paris habe reisen wollen, muss dahingestellt bleiben.
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