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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 20
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Uwe Schellinger/Gerhard Mayer

Niederweiler. Nach Webers eigenen Angaben betrugen seine damaligen
Einnahmen nicht weniger als 18.000 bis 20.000 DM pro Monat.

Während die Journalisten Weber allmählich ad acta legten, wurden seine
„Wunderheilungen" nunmehr zum Gegenstand wissenschaftlichen Interesses
. Zunächst wurde Weber von dem Ravensburger Physikprofessor Werner
Schiebeier (1923-2006) besucht, der sich ein Bild von den Vorgängen machen
wollte. Schiebeier verstand sich aufgrund eigener Experimente mit
mehreren philippinischen Geistheilern als Experte auf diesem Forschungsfeld
.41 Er suchte den berühmt gewordenen „Wunderheiler" im Februar 1976
in dessen neuem Domizil auf. Über seine damaligen Beobachtungen berichtete
Schiebeier jedoch erst sehr viel später, ging dabei aber nicht über eine
deskriptive Schilderung hinaus: „Er [gemeint war Weber; Anm. der Verf.]
stand in der Ecke eines größeren Zimmers, und die wartenden Kranken traten
einzeln an ihn heran. Er fragte sie nach ihren Beschwerden und legte ihnen
dann eine oder beide Hände auf den erkrankten Körperteil. Ein für mich
hörbares Gebet wurde nicht gesprochen. Es war bei der Kürze der Behandlung
, die im Mittel kaum zwei Minuten dauerte, auch kaum möglich. Nachdem
der Heiler seine Hände vom Patienten gelöst hatte, drückte dieser ihm
diskret einen Geldschein in die Hand, den der Heiler ebenso diskret in seiner
Hosentasche verschwinden ließ."42 Auch nach Müllheim-Niederweiler
kamen Massen von Ratsuchenden: „Die Patienten wurden teils mit Privatautos
gebracht, ein Teil aber mit Bussen von Reisebüros sogar aus dem
Ausland herangefahren [...] Einige kamen zum ersten Mal, andere waren
schon lOmal, 20mal oder ein Parkinsonpatient sogar 40mal beim Heiler gewesen
." Schiebeier konnte beobachten, wie Weber auf diese Weise „bis zu
hundert Patienten pro Tag" in Form einer „Fließbandabfertigung" behandelte
.43 Für Schiebeier war der Fall Weber in der Hauptsache ein Anschauungsbeispiel
für die Frage nach einem angemessenen Umgang mit selbsternannten
Geistheilern seitens der Rechtsprechung.

Weitaus ausführlicher als der Ravensburger Professor setzte sich danach
der Freiburger Mediziner Holger Schleip mit Josef Weber auseinander.
Schleip führte in der zweiten Hälfte des Jahres 1976 im Rahmen seiner
Promotion eine breit angelegte Umfrage unter den Patienten Josef Webers
durch. Für seine empirische Untersuchung zum Thema Heilen durch
Handauflegen befragte Schleip insgesamt 1.015 Patienten von „zwei im
Südwesten des deutschsprachigen Raumes durch Handauflegen arbeitenden
Heilern". Auf Weber war Schleip durch Berichte aus dem eigenen Bekanntenkreis
aufmerksam geworden.44 Schleip war mit Erlaubnis Webers
während 28 Behandlungstagen im September und Oktober 1976 selbst an
den Praxisorten anwesend, um gewissermaßen eine „in-vivo-Untersu-
chung" - so seine Formulierung - durchzuführen. Er wollte direkt am Behandlungsort
mit den Klienten Webers zusammentreffen. Zu diesem
Zweck reiste der Doktorand zusammen mit dem Heiler auch an dessen


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