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Webers Hände: Wirken und Wirkungen des „ Wunderheilers von Schutterwald"
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„Außenstellen". Der „Wunderheiler" machte auf Schleip einen ausgesprochen
selbstbewussten und männlich-robusten Eindruck. Weber sei in seinem
Auftreten fest auf sehr diesseitigem Boden gestanden, was zu den religiösen
Begründungen seiner Heilertätigkeit nicht recht zu passen schien.
Seine Ergebnisse veröffentlichte Holger Schleip 1980 im Rahmen seiner
Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg.45
Weber im Konflikt mit der Justiz
Am 30. Mai 1975 hatte die Staatsanwaltschaft Offenburg Anklage gegen
Josef Weber wegen Betrugs sowie wegen Vergehens gegen das seit 1939 in
Deutschland geltende so genannte Heilpraktikergesetz erhoben. Das Gesetz
stellte Personen unter Strafe, die Heilkunde praktizierten, ohne ausdrücklich
zur Ausübung des Arztberufes berechtigt oder durch Erlaubnis bestallt
zu sein.46 Die zuständige Strafkammer des Offenburger Landgerichts
konnte sich jedoch zunächst nicht dazu entschließen, einen Haftbefehl gegen
Weber auszustellen und ein Verfahren gegen ihn zu eröffnen. Als Begründung
wurde angegeben, es sei jedermann bekannt, dass die Möglichkeit
einer Heilung durch Handauflegen nicht als allgemein verbindliche
Tatsache gelten könne, sondern dem „übernatürlichen Bereich" zuzurechnen
sei. Deshalb habe Weber auch keine „Irrtumserregung", das heißt eine
Täuschung seiner Patienten, vollzogen und insofern keinen Betrug begangen
. Auch wollte man zunächst den Vorwurf des Verstoßes gegen das
Heilpraktikergesetz, nicht gelten lassen, da Weber selbst keine Eingriffe
vorgenommen und keine Medikamente verschrieben hätte.47 Die Staatsanwaltschaft
legte gegen diese Entscheidung erfolgreich Beschwerde beim
Oberlandesgericht in Karlsruhe ein. Dieses ließ am 30. Dezember 1975 die
Anklage gegen Weber teilweise zu und verfügte, dass die Hauptverhandlung
eröffnet werden müsse.48
Die Angelegenheit zog sich daraufhin noch einmal über mehr als ein
Jahr hin. Erst im März 1977 kam es zu einem Urteilsspruch: Josef Weber
wurde vom Landgericht Offenburg wegen fortgesetzten Vergehens gegen
das Heilpraktikergesetz zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung
verurteilt.49 Zwar räumten die Richter ein, Weber habe den Kranken „in
zahlreichen Fällen zumindest subjektive Heilung oder Schmerzminderung"
verschafft, dennoch habe er gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen. Denn
eine unerlaubte Heilertätigkeit könne „auch dadurch geschehen, dass angebliche
übernatürliche Gewalten mit vermeintlichen oder vorgetäuschten
übersinnlichen Kräften bekämpft werden", so die Begründung des Gerichts
. Denn „auch das bloße Handauflegen und kurze Bestreichen der [...]
als krank oder schmerzend bezeichneten Körperstellen" sei „Ausübung der
Heilkunde im Sinne des Gesetzes." Weiterhin wurde auf die Gefahr hingewiesen
, dass Patienten durch die Hoffnung auf Webers Behandlung mögli-
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