http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2006/0028
28
Uwe Schellinger/Gerhard Mayer
„Es schien uns jedoch unverantwortlich, voll in jenen Rummel einzusteigen
, der von anderer Seite aufgezogen wurde, der Schutterwald für Wundergläubige
zum Mekka, ja beinahe zum Nabel der Welt machen möchte
."63 Den „Wunderheiler" Weber selbst sah die Zeitung im Grenzbereich
zur Kriminalität agieren. Nach dem Umzug nach Müllheim beschäftigten
sich die Presseorgane kaum noch mit den Wunderheilungen Webers. Die
Story hatte für die Redaktionen nach der aufregenden ersten Jahreshälfte
1974 offensichtlich ihren Reiz verloren.64 Weber wurde für die Presse erst
wieder interessant, als ihm der Prozess gemacht und er 1977 verurteilt
wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die BiLD-Zeitung aber schon längst aus
dem Fall ausgestiegen.
Weber und seine Klienten
Webers Heilbehandlungen im Fokus der Wissenschaft
Bis zur Studie von Holger Schleip waren zum Fall Weber aus dem Umfeld
der professionellen Wissenschaft lediglich verschiedene Äußerungen von
befragten Ärzten, Juristen oder Theologen in der Presse platziert worden.
Es ging darum, Stimmen zu finden, die Erklärungen für die Heilung anboten
. Erwartungsgemäß waren hier zumeist skeptische Töne zu vernehmen,
die hauptsächlich den Aspekt der „Suggestion" thematisierten.65 Schleip
selbst betrat mit seiner Untersuchung zu den beiden Heilern wissenschaftliches
Neuland: Seine Studie war zum damaligen Zeitpunkt erst die zweite
ernstzunehmende wissenschaftliche Forschungsarbeit über das Thema
„Geistheilung" im deutschsprachigen Raum.66
Der Wissenschaftler befragte Webers Patienten mittels Fragebogen unmittelbar
vor der Behandlung und zahlreiche davon noch einmal direkt
nach der Behandlung. Zahlreiche Hilfesuchende wurden rund vier Wochen
später noch einmal befragt und gebeten, über ihre längerfristigen Erfahrungen
mit der Behandlung Auskunft zu geben. Eines der Ziele dieser Studie
über eine „Extremform medizinischen Außenseitertums"67 war die Erhebung
soziologischer und medizinischer Daten über die Hilfesuchenden
sowie Einsichten in die zugrundeliegenden Erfahrungen und Motive, die
diese zum Aufsuchen eines „Wunderheilers" bewogen hatten. Seine
Forschungsarbeit hatte also weniger die Person des Heilers, sondern vielmehr
dessen Klienten im Blickfeld.68
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2006/0028