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Webers Hände: Wirken und Wirkungen des „ Wunderheilers von Schutterwald"
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wickelte. Hierbei spielten vor allem zahlreiche ihm zugesprochene Wunderheilungen
eine Rolle. 1842 wurde Oschwald wegen „medizinischer Pfuscherei
" angeklagt, woraufhin er sich bis zu seiner Auswanderung im Jahr 1854
im Fokus der kirchlichen und weltlichen Behörden befand.80
Eine größere Bekanntheit erlangte danach auch der Heiler Wilhelm
Böhler (gest. 1924) aus dem Dorf Haueneberstein bei Baden-Baden, mit
dessen Fall sich die Rastatter Justizbehörden von 1904 bis 1906 befass-
ten.81 Eine weitere Gestalt war der „Lorenzbur" aus Seebach, Andreas
Huber (1884-1954), der seit Mitte der 1920er Jahre mehrere Jahrzehnte in
den Achertalgemeinden und in der nördlichen Ortenau als Geistheiler
wirkte.82 Im Hanauerland praktizierte lange Zeit mit ungewöhnlichen
Methoden der Laienheiler Daniel Lacker (1877-1953) aus Memprechts-
hofen83, aus der Riedgemeinde Altenheim stammten der „Wunderheiler"
Johann Georg Nierlin (1839-1927) und die Laienheilerin Christine Duchi-
lio (1888-1972).84
Die Volkskundlerin Hedwig Büß hat über mehrere Jahrzehnte hinweg
durch Gespräche mit der ländlichen Bevölkerung des Harmersbachtals im
mittleren Schwarzwald Erinnerungen an verschiedene Heilerpersönlichkeiten
(„Sympathiedoktoren") und „Geschichten über Menschen mit geheimen
Kräften" festgehalten.85 Zu diesem Kreis gehörte der in Nordrach
geborene, vom Knecht zum „Wunderdoktor" aufgestiegene Bernhard Benz
(1867-1930). Dieser wirkte seit den 1890er Jahren im Tal und weit darüber
hinaus, der Legende nach durch Konsultation eines „Zauberspiegels". Über
den „Professer" Benz, der später in seinem eigenen Gasthaus in Zell am
Harmersbach Sprechstunden abhielt, existieren in der regionalen Bevölkerung
Heilungsgeschichten in „epischer Breite".86
In der gleichen Region wirkten, gewissermaßen in Abfolge einer Heilerdynastie
, über viele Jahrzehnte hinweg der „Hättichsbur" oder „Billersber-
ger" Wilhelm Pfundstein (1820-1903), danach sein 1951 verstorbener Enkel
Josef Breig I. („de alt Dokter") und zuletzt bis 1981 der Urenkel Josef
Breig II. („Dokter Sepp") als Laienheiler.87 Zum alten „Billersberger", berichtete
der Schriftsteller Heinrich Hansjakob, seien „selbst aus der Universitätsstadt
Freiburg Leute [...] gegangen. Wenn alle Professoren nicht
geholfen haben, hat's der Hättichs-Bur gethan." Dieser sei „ein Hauptmeister
in den Geheimnissen der Sympathie" gewesen.88 Ein weiterer Heiler,
der geradezu „Völkerwanderungen" aus dem mittelbadischen Raum in
Richtung seines Bauernhofes auslöste, war Jakob Friedrich Morlok
(1835-1910) aus Baiersbronn-Mitteltal im Murgtal. Dem „ganz aide Morlok
", dessen Lebens- und Wirkungsgeschichte durch einen aktuellen spektakulären
Fund momentan verstärkte Beachtung findet, folgten ebenfalls
der Sohn und der Enkel als Laienheiler nach.89
Die enormen Besucherströme, die Josef Weber in der Mitte der 1970er
Jahre auslöste, sind für die Region jedoch wohl nur mit der Prominenz des
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