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Franz Michael Hecht
verßehen, ein lediger / bestandener mensch."129 Die Eröffnung der Apotheke
wurde offenbar nicht überall gut geheißen, denn Machleid schrieb
später darüber: „allen barbierer in der herrschaft zum schaden"m. Bald
darauf, am 12. August 1771, heiratete Mylius „die becken Miehlen" in
Pfaffenweiler;131 seine Frau war zuvor mit dem Ettenheimer Bäcker Michael
Farlender verheiratet gewesen, der am 21. Dezember 1769 verstorben
war.132
In regelmäßiger Folge, Jahr für Jahr, finden sich in den Spitalrechnungsbüchern
ab 1772 Aufstellungen, welche Medikamente der Apotheker für
arme Kranke in das Spital lieferte (Abbildung 6).133 Es handelt sich dabei
vorwiegend um Mixturen, aber auch um Pillen, Tropfen, Laxantien (Abführmittel
), Brechmittel, Species (Gemische von zerkleinerten oder unzer-
kleinerten Pflanzenteilen), Augenwasser, Latwerge (dickbreiige musartige
Arzneien), Liniment (Mittel zum Einreiben), Pulver und Salben. Aus der
Art der gelieferten Arzneien und aus der Häufigkeit, wie oft und an welche
Personen sie verordnet wurden, lassen sich Rückschlüsse auf die Behandlungsformen
der damaligen Zeit ziehen.
Die Apotheke befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Haus des
Chirurgen Machleid. Das nachbarschaftliche Verhältnis war offenbar nicht
ungetrübt. So berichtete Machleid in seinem Tagebuch unter anderem über
„Eine große brunst allhier in der apoteckh". Dabei hatte die Frau ,Apote-
ckherin" in einer Novembernacht das Pech, mit ihrer Weihnachtsbäckerei
eine Feuersbrunst zu verursachen, die auch das benachbarte Machleidsche
Haus gefährdete. Kein Wunder, dass dieser nicht sehr sanft mit seiner
Nachbarin umging; temperamentvoll und anschaulich berichtete Machleid:
„1783, den 27=ten november ist allhier, in deß / apotecker Miliusßeinem
hauß eine brunst / in der nacht morgens um 2 uhr entstanden, / daß mann
hat stirmen mießen auff dem Rathauß, / und mit allen glockhen in der kir-
chen, / weilenßeinßaubere frau, und muster / aller beßen weiber, ordinari
ganze nacht/feuren und baucken thuet, alßo im/kamin angangen, daß die
schindlen, lathen, / pfetten un balcken, die wand gegen / deß löwenwirts
hoff alles verbrenth, / weilen aber Gott sey Ewig gedanckt, / kein lufft gangen
ist, ßo hat mann es bald / widerum gedembt, mit den feürsprizen / und
gueter anstalt, der braffen burger / auch obrigkeit, auff diß brunst ßein /
neuwe dopelte feürlaiteren gemacht / worden, von michael Joner grumhol-
zer / allhier, und von dem Stattschmidt bernhart / Kolefrath mit Eißen u.
Rollen wohl / verwarth und unden mit stepfen be= / ^schlagen worden-
ßein, weilen ich / aberßelbsten den Rauch in meinem / s:v: (salva venia =
mit Verlaub zu sagen) bett um 2 uhr geschmeckt habe, /ßo bin ich gleich
auffgestanden, und habe lermen gemacht, und meine leüth / und nachbaren
auffgeweckt, undfirio /geschrauen, Gott seye immer danck geßagt."XM
Neben seiner Tätigkeit als Apotheker wurde Mylius am 12. August
1775 neuer Viscal der Stadt Euenheim, was Machleid in seinem Tagebuch
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