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Franz Michael Hecht
Krankheiten, zum Beispiel die Syphilis und die Tuberkulose, im Laufe der
Zeit einen erheblichen Gestaltwandel erfahren.
Nach einer Mitteilung von Joann Conrad Machleid, der als Chirurg an
Krankheiten berufsbedingt ein gesteigertes Interesse hatte, starben im Zeitraum
1755 bis einschließlich 1790 in Euenheim 720 Erwachsene.162 Das
sind etwas mehr als 20 verstorbene Erwachsene pro Jahr. Die Aufstellung
für die einzelnen Jahre163 zeigt einen Tiefstand in den Jahren 1762 (sechs
Verstorbene) und 1764 (sieben Verstorbene), sowie einen Höchststand im
Jahre 1786 (34 Verstorbene) und 1787 (36 Verstorbene)164. Diese Sterblichkeit
unter den Erwachsenen ist auch unter heutigen Gesichtspunkten
unauffällig.
Gelegentlich konnten die Ettenheimer Bürger ein hohes Lebensalter erreichen
: So starb im Jahre 1759 der Bäcker Jacob Berger, der zu diesem
Zeitpunkt älteste Bürger der Gemeinde, im hohen Alter von 96 Jahren165
und am 30. Januar 1776 Joannes Dufner hochbetagt im gleichen Alter.166
Erschreckend war die Kindersterblichkeit. Im Jahre 1786 starben 34 Erwachsene
und „113 kinder vil an durchschlichten"167.
Mehrlingsgeburten waren weitgehend zum Scheitern verurteilt. Am 2.
Juli 1783 brachte Maria Anna Köbelin, die Ehefrau des Nagelschmieds
Martin Boozen, Drillinge zur Welt. Alle drei Kinder starben innerhalb der
ersten zwei Tage nach der Geburt.168
An anderer Stelle berichtete Machleid über „Krankheiten der Kinder:
1772 In dißem Jahr od ßommer wäre ein ßucht / under den gleinen
1=2=3—4 Jerigen kinder / mit einemßolchen halßstarigen huesten, / ordi-
narie hiß 3=4=wochen lang ohne anstand, / daß eß ihnen daß helle bluet
auß dem halß / und maul getrieben, eß ßein aber auch vil / daran gestorben
, eß hat schier gar nichts / geholfen waß man angewendet hat". Und:
„1772 den 22=ten Juni ßein H. Joann Küenzer / Rothgerber allhier zwey
kinder zusammen / in einer stund an dem laidigen huesten / gestorben, namens
mariurßula kuenzerin / ohngefehr 3 iar alt, und maria ana kuenzerin
/ lh iar alt... "169 Es handelte sich hierbei zweifelsfrei um eine Keuchhusten
-Epidemie.
Machleid erwähnte in seinen Tagebüchern zahlreiche Krankheiten. Aus der
Anzahl ihrer Erwähnungen lassen sich gewisse Rückschlüsse auf die Häufigkeit
ihres Auftretens ziehen. In absteigender Häufigkeit werden genannt:
Schlagfluß, Dörrsucht, hitzige Krankheit, Friesel oder Fleckfieber, Wassersucht
, Gichteren, Durchschlechten, rote Ruhr. Einzelfälle betreffen Krebs
an der Wange und am Mund, wobei zu vermuten ist, dass es sich hierbei
um fortgeschrittene Syphilis oder um Hauttuberkulose handelte; ferner
Brustkrebs, Wundbrand, Epilepsie, Blutsturz und anderes.
Beträchtlich ist die Anzahl der Frauen, die im Wochenbett verstarben.
Dabei wird auch über eine Frau berichtet, die offenbar nach einem Kaiser-
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