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Der Armen- und Krankenfond in der alten Stabsgemeinde Durbaeh
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ne die Heimat verlassen sah, so bemühte man sich auch evtl. weniger begüterte
neue Bürger nicht aufnehmen zu müssen. Das Ratsprotokoll ist voll
mit Anträgen und Wünschen eine Frau zu ehelichen. Voraussetzung hierzu
war jedoch, dass 1. das 25. Lebensjahr vollendet war, 2. ein gutes Leumundszeugnis
vorgewiesen wurde und 3., dass ein ausreichendes Vermögen
oder ein Erwerbszweig nachgewiesen wurde, damit die Ernährung einer
Familie gesichert war. Dem Johann Baptist Siegner von Schlatt im
Kanton Appenzell nützte es deshalb nichts, dass er fast alle Bedingungen
erfüllte. Als Ausländer musste er das doppelte Vermögen, wenigstens aber
1.000 Gulden nachweisen. Zudem musste er nach § 40 des Bürgerrechtsgesetzes
das Doppelte an Bürgereinkaufsgeld bezahlen. Siegner hatte jedoch
lediglich 583 Gulden vorgelegt. Weil er in Durbach auch noch keine Arbeitsstelle
oder ein Gewerbe nachweisen konnte, musste er auf seine Braut
Gertrud Schrepfer verzichten.
Zur Unterbringung von alten und kranken Knechten und Mägden oder
sonstigen alleinstehenden Einwohnern kaufte die Gemeinde im Jahre 1870
in der Ortsmitte von Durbach ein eingeschossiges Bauernhaus. Es wurde
zum Pfründnerhaus (Spital) umgebaut und konnte insgesamt 24 Personen
aufnehmen. Allerdings waren die Räumlichkeiten nach heutigen Maßstäben
sehr bescheiden. Ebenso bescheiden war die Versorgung der Pfründnerhaus
-Insassen, die, soweit sie noch eine Tätigkeit verrichten konnten,
im zugehörigen Garten unter Anleitung der betreuenden Schwestern zur
Selbstversorgung mithalfen. Im Übrigen waren sie von den geringen, evtl.
zur Verfügung stehenden Renten, Spenden und der Unterstützung der Gemeindekasse
abhängig. Mit welch sparsamen Mitteln gewirtschaftet wurde
, zeigt der Einblick ins Tagebuch des Pfründnerhauses vom März 1930.
In diesem Zeitraum waren neben zwei Schwestern noch ca. zehn weitere
Insassen zu versorgen.
Einnahmen:
Ausgaben:
24.87 Mark Kassenvorrat
12,90 Mark-
Verschiedenes für den Haushalt
20,00 Mark Haushaltsgeld
6,80 Mark -
Butter
von der Gemeinde
6,50 Mark -
Käse
5,00 Mark Badgeld
5,00 Mark -
Metzger und Wurstsachen
34,00 Mark Rentengeld
1,80 Mark-
Konradsblatt
8,20 Mark -
Bettenzeugstoff
Somit
34,00 Mark -
Rentengeld verteilt
83,87 Mark Gesamteinnahmen
Somit:
75,20 Mark Gesamtausgaben
Das Badgeld war eine kleine Einnahmequelle, denn das Pfründnerhaus hatte
seit 1926 in einem Nebengebäude ein Badezimmer und eine Wasch-
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