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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 128
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Ralf Bernd Herden

Und so promovierte nicht nur Waldemar Hoven, sondern auch Erich
Wagner dadurch, dass er andere „für sich denken ließ".

Häftlingsarztschreiber Grünewald hierzu: „Zwischendurch hat sich
Wagner selbstverständlich für den Fortgang der Arbeit interessiert, hat
auch die ausgefüllten Fragebogen durchgesehen und u. a. dafür gesorgt,
dass besonders schöne Tätowierungen in der Foto-Abteilung fotografiert
worden sind."

Ab diesem Punkt scheiden sich die Geister, weil nun eine Thematik auf
den Tisch kommt, welche jeder ehrenwerte Gerbermeister entrüstet von
sich weisen würde: Hat Wagner wirklich Tätowierungen auf Menschenhaut
gesammelt? Behilflich dabei soll ihm vor allem sein „Arztkollege",
der SS-Hauptsturmführer Hans Müller20, gewesen sein. Geboren 1906 in
Frankfurt am Main soll er sich in seiner Position als Lagerarzt (sein Tätigkeitsschwerpunkt
lag bezeichnenderweise in der Pathologie) nicht nur um
die Ermittlung tätowierter Häftlinge, welche für Wagner fotografiert und
danach ermordet worden sein sollen, gekümmert haben - Müller soll auch
für die Beschaffung angemessener SS-Geschenke, beispielsweise Taschenmesseretuis
aus Menschenhaut, gesorgt haben.

Beim Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher berichtete ein
Zeuge: „Im Jahr 1939 wurde allen Gefangenen mit Tätowierungen befohlen
, sich im Krankenrevier zu melden. Niemand wusste, warum dies geschah
, aber nachdem die tätowierten Gefangenen untersucht waren, wurden
diejenigen mit den schönsten und künstlerischsten Mustern in dem
Krankenrevier zurückbehalten und dann durch Einspritzungen getötet, die
durch Karl Beigs, einen kriminellen Gefangenen, ausgeführt wurden. Die
Leichen wurden dann in die pathologische Abteilung gebracht, wo die gewünschten
Stücke der tätowierten Haut von den Leichen abgetrennt und
behandelt wurden. Die fertiggestellten Stücke wurden der Frau Ilse21 (genannt
die „Hexe von Buchenwald", der Verf.; zu ihr nachfolgend weitere
Informationen) des SS-Standartenführers Karl Koch22 (Lagerkommandant;
d.Verf.) übergeben, die sie in Lampenschirme und andere Ziergegenstände
für den Hausrat verarbeiten ließ. Ich selbst sah solche tätowierten Häute
... Diese Arbeiten wurden von einem Gefangenen namens Wernerbach
durchgeführt. "23

Und auch der Häftling Gustav Wegerer, Chemieingenieur aus Wien und
Capo der Pathologischen Abteilung des KZ Buchenwald berichtete: „Der
SS-Arzt Dr. Wagner machte eine Dissertationsarbeit über Tätowierungen,
wobei auffällig war, dass die von ihm bestellten Häftlinge starben und ihre
Tätowierungen abgelöst wurden. Es ist anzunehmen, dass sie von ihm im
Krankenhaus liquidiert wurden. "24

Selbst der SS-Richter Dr. Morgen25, welcher ein Korruptionsverfahren
gegen den KZ-Kommandanten Koch und dessen Frau durchzuführen hatte,


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