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Ralf Bernd Herden
Grundhaltung dargestellt werden sollte. Die Diskussion, vor allem auch
verschiedene Hinweise, so auf die Tatsache, welch prominente Menschen
ebenfalls tätowiert sind oder gewesen sind, führte dazu, dass die Arbeit die
Tendenz erhielt, wie sie sich heute im wesentlichen darstellt. Geschrieben
worden ist die Arbeit nach diesen Aussprachen ebenfalls von mir, wo es natürlich
war, dass W. sich abschnittsweise informierte und dafür interessierte
. Kurze Zeit vor meiner Entlassung (14. Oktober 1940; Auskunft Kustos
Dr. Harry Stein) lag die Arbeit im Manuskript fertig vor.
Ich habe die gedruckte Arbeit jetzt (Dezember 1957; der Verf.) erstmalig
gesehen und gelesen. Sicher ist, dass die Dissertation, so wie ich sie
seinerzeit im Manuskript zurückgelassen habe, nach meiner Entlassung
noch einmal überarbeitet und unwesentlich verändert worden ist. Hinzuweisen
ist auch darauf, dass bei den Abbildungen die unter Nr. 30, die
Hautausschnitte darstellen, damals noch nicht vorhanden gewesen sind, da
Hautabnahmen bei Sektionen zu meiner Zeit noch nicht vorgenommen
worden sind. Die Tatsache lässt aber den Schluss zu, dass bereits sehr früh
der Einfluss von Ilse Koch, die sich immer sehr lebhaft für den Ablauf der
Arbeit interessiert hatte, in der später bekannt gewordenen Richtung auswirkte
. "
Die Angaben des Häftlings Paul Grünwald decken sich mit den beim Universitätsarchiv
Jena verwahrten Unterlagen. Es muss sich bei der endgültig
eingereichten um eine bereinigte Fassung handeln, teilte Wagner doch am
27. August 1941 der medizinischen Fakultät „aus dem Felde" mit, die Arbeit
liege bereits in gedruckter Form vor, sei aber vom SS-Sanitätsamt
noch nicht freigegeben, „es müssten noch Kleinigkeiten geändert
werden."32
Erich Wagners Doktorvater war übrigens der am 22. September 1895 in
Güstrow geborene Gerichtsmediziner Friedrich Timm. Mitglied der
NSDAP, des NS-Ärztebundes, des NS-Lehrerbundes, des NS-Dozenten-
bundes und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, begleitete und bewertete
der „Vorstand der Anstalt für gerichtliche Medizin und naturwissenschaftliche
Kriminalistik" die Doktorarbeit. Das Schicksal ereilte den
Erstgutachter, als er am 15. Juli 1947 von einem sowjetischen Militärgericht
zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Diese verbüßte er zuerst im
Speziallager Sachsenhausen, ab 1950 im Lager Torgau-Fort Zinna. Ob es
dort zu einer ideellen Läuterung kam, mag dahingestellt bleiben, jedenfalls
wurde Timm von den Mithäftlingen als „Engel von Fort Zinna" verehrt.
Nach seiner Entlassung kam Timm wieder zu akademischen Ehren, er
starb 1985 in Göttingen.33
Zweitgutachter war der Dermatologe Friedrich Hämel.34 1894 im bayerischen
Straubing geboren, trat er 1933 der NSDAP und der SA bei. 1935
wurde er Ordinarius in Greifswald, 1936 in Jena. Seine Antrittsvorlesung
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