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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 131
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Über ein furchtbares Kapitel Unmenschlichkeit - Buchenwald ist überall

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stand unter dem Thema „Der Kampf gegen die Geschlechtskrankheiten im
neuen Deutschland". Obwohl 1939 bis 1944 Dekan, Stabsarzt und kommissarischer
Führer der „2. Studentenkompanie", blieb er nach 1945 in Jena
. Er wurde 1951 Rektor, um nach seiner Flucht aus der DDR im Jahr
1959 Ordinarius an der Universität Heidelberg zu werden.

Mitgutachter der mündlichen Promotionsprüfung Wagners war auch der
Chemiker Wolfgang Lintzel35 gewesen. Jahrgang 1896, strammer Nationalsozialist
, der nach NSDAP- (1932) und SA-Beitritt (1934) zu einem Lehrstuhl
(1935) gekommen war. Lintzel wurde 1945 seines Lehrstuhles für
„Physiologische Chemie" der Universität Jena verwiesen und verstarb
1962. Über den dritten mündlichen Prüfer, Felix Lommel (1875-1968)36,
finden sich weder in der Deutschen Bibliographischen Enzyklopädie noch
bei Klee irgendwelche Angaben.

Wagner verkroch sich nach dem II. Weltkrieg in Lahr, wo es ihm ab 1954
in den Nachkriegswirren, aus welchen Gründen auch immer, gelang, sich
zuerst unbemerkt als praktischer Arzt unter seinem eigenen Namen niederzulassen
und zu betätigen. Als dann ein Verfahren gegen ihn eröffnet wurde
und er seiner Verbrechen wegen im Jahr 1958 zuerst im Landgerichtsgefängnis
in Offenburg in Untersuchungshaft kam, wählte er, am 22. März
1959 im Gefängnis Oberkirch37 einsitzend, den Freitod, wohl auch, um
sich der irdischen Verantwortung zu entziehen.38 Unmittelbar nach dem
Krieg war Wagner als höherer SS-Führer von den US-Amerikanern im Lager
Moosburg interniert worden, ohne dass dort sein Wirken als KZ-Arzt
bekannt wurde. 1948 war ihm eine relativ leichte Flucht gelungen, er arbeitete
danach in der britischen Besatzungszone unter falschem Namen bei einem
pharmazeutischen Unternehmen als Chemiker. Erst nach Erlass des
Amnestiegesetzes wagte er es, wieder seinen echten Namen anzunehmen
und sich in Lahr niederzulassen.39

Zwar ist häufig, auch bei Eugen Kogon40, ein direkter Zusammenhang zwischen
der Dissertation Erich Wagners und den im Jahr 1940 einsetzenden
Tätowierungsverbrechen von Buchenwald (der Verarbeitung tätowierter
Haut zu Geschenkartikeln) hergestellt worden: „ Wahrscheinlich gab Wagners
Interesse und Hunderte von Fotos, die er mit Einverständnis des Kommandanten
in der Fotostelle des Lagers anfertigen ließ, auch den entscheidenden
Impuls dafür. Doch die Entstehung der Promotionsschrift ging den
genannten Verbrechen voraus und ist nicht unmittelbar Bestandteil derselben
", so klärend Kustos Dr. Harry Stein, KZ-Gedenkstätte Buchenwald.41

Ein möglicher direkter Zusammenhang mit den Tätowierungsverbrechen
, welcher sich aus dem Verweis auf Abb. 30 der Dissertation ergeben
könnte, war nie zu klären: Ein Prozess fand durch den Freitod Wagners nie
statt. Die Tätowierungsfrage hätte auch nicht allein im Mittelpunkt des


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