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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 144
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Frank Flechtmann

Kumpane sich ein Privatvergnügen, Häftlinge schneller sterben zu lassen.
Sie drangen in die Krankenbaracken ein und schlugen wahllos auf die
Schwerkranken. Dieses währte lange Zeit.

Ich war zur Zeit Sanitäter im Krankenbau. Um dem abzustellen, wirkte
ich und mein Mitkamerad Franz Ciranek auf dem damaligen SS-Arzt
Dr. Ortmann ein, den Zutritt Sorges und seines Gefolges in die Krankenbaracken
zu unterbinden, was er auch tat. Als Repressalie und Rache
wurden wir Sanitäter abends durch sogenannten Sport' gefoltert22. "

Die ermittelnde Stelle23 hatte Anfang der 1960er Jahre ein Heft „KZ
Sachsenhausen" drucken lassen mit Angaben zu mehreren hundert SS-
Leuten. Im Anhang waren sie auf Fototafeln abgebildet. Dieses Heft wurde
an die Mitglieder der Lagergemeinschaft verschickt. Darauf meldeten sich
sehr viele ehemalige Häftlinge. Der Zeuge Weidler aus Berlin benannte
1964 mehrere Lagerärzte aus dem Heft, die er kannte. Positiv konnte er
sich aber nur zu Nr. 357 äußern: „ 7. Dr. Ortmann, Nr. 357, Hauptsturmführer
und Lagerarzt; Dr. O. hat sich persönlich dafür eingesetzt, dass die
Häftlingsverpflegung angehoben wurde und dafür Sorge getragen, dass die
ärztlich verordnete Kost laufend nach der Kalorientafel durch die Schreibstube
des Krankenbaus kontrolliert wurde. Dr. O. hat die Kompetenz des
Lagerarztes für den Krankenbaubereich durchgesetzt und jeden unbefugten
Zutritt der übrigen SS-Chargen verboten. "24

Nicht nur Kommunisten lobten Dr. Ortmann. Ernst Seliger, ein früherer
Drogist und Prediger der Zeugen Jehovas, war ab 1937 bis Kriegsende in
Sachsenhausen. Auch er erinnert sich an viele seiner Peiniger und auch er
lobt die Nr. 357 aus der Broschüre25: „4. Dr. Ortmann, Nr. 357, Hauptsturmführer
und vom Sommer bis Herbst 1940 erster Lagerarzt. Dr. O. war
ein sehr geschätzter Chirurg und hat immer wieder auf die anderen Lagerärzte
dahingehend eingewirkt, die Gefangenen genauso als Patienten zu
behandeln, wie sie es aus dem Privatleben gewohnt waren. Durch seine
guten Beziehungen26 zu den höchsten Stellen der SS in Berlin hatte er erwirkt
, dass die Häftlinge besser verpflegt wurden und erreichte damit ein
rapides Zurückgehen der Sterblichkeit, die im Dezember 1939 begonnen
hatte."

Derselbe Zeuge ergänzt seine Aussage 196727: „ Wie ich bereits bei meiner
Vernehmung vom 14.10.1964 angegeben habe, war ich von Juli 1937
bis Mai 1945 als Schutzhäftling (Zeuge Jehovas) im KL Sachsenhausen inhaftiert
. Von März oder April 1940 bis April 1944 war ich als Sanitäter im
Krankenbau, R 1, und zwar im aseptischen Operationssaal, eingesetzt. (...)
Ich möchte aussagen. Mein erster Arzt, mit dem ich ab 1940 im Revier 1 in
Berührung kam, war Dr. Ortmann. Er arbeitete zunächst als Stationsarzt
in der Chirurgie von März bis etwa Juni/Juli 1940. Anschließend wurde er
erster Lagerarzt und blieb bis etwa Ende 1940 im KL Sachsenhausen. Als
1. Lagerarzt wurde er nur noch zu größeren Operationen herangezogen.


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