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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 171
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Leben unter dem Sondergesetz: Jüdische Patienten
im Städtischen Krankenhaus Offenburg

Martin Ruch

„Man hat ihnen die Berufe genommen, das Besitztum gestohlen, sie
durften nicht erben oder vererben, sie durften nicht auf Parkbänken
sitzen oder einen Kanarienvogel halten, keine öffentlichen Verkehrsmittel
benutzen, keine Restaurants, keine Konzerte, Theater oder Kinos
besuchen, für sie galten bestimmte Rassengesetze, ihnen wurden
sämtliche staatsbürgerlichen Rechte entzogen, die Freizügigkeit
wurde ihnen genommen, ihre Menschenrechte und ihre Menschenwürde
in den Staub getreten, bis sie in Konzentrationslager deportiert
wurden und in die Gaskammern kamen. Es waren Raubmorde,
die das nationalsozialistische Regime an ihnen verübte, nur ein Teil
konnte entkommen."'

So beginnt eines der grundlegenden Werke zur Geschichte der deutschen
Judenverfolgung: Es dokumentiert alle Gesetze und Verfügungen, Erlasse,
Befehle und Anordnungen, die zumeist in aller Offenheit, in der Öffentlichkeit
und im Namen der Öffentlichkeit gegen die Juden formuliert und
verwirklicht worden sind. Es waren allein im „Altreich" 1973 Sonderrechte
, deren Umsetzung den deutschen Juden das Leben erschwerte, jene
Maßnahmen im Osten nicht mitgezählt. Manche dieser Erlasse und Gesetze
galten nur auf Landesebene, andere hatten nur für bestimmte Verwaltungseinheiten
Gültigkeit. Doch die meisten betrafen alle deutsche Juden.

Auf lokaler Ebene kamen zu den offiziellen Einschränkungen die vielfältigen
Aktivitäten jener Erfüllungsgehilfen hinzu, jener „kleinen Führer",
denen die Brutalität und Gemeinheit des Systems in Fleisch und Blut übergegangen
war. Widerspruchslos. Es entsprach ihnen bestens. Denn schließlich
waren sie dieses System.

Der Offenburger Stadtrat befasste sich am 22. März 1937 mit dem Thema
„Anbringung von antisemitischen Spruchtafeln in Krankenhäusern"
und stellte für das Städtische Krankenhaus lapidar fest: „Gegen die Aufhängung
der Spruchtafeln im Krankenhaus bestehen keine Bedenken."2

SS-Obersturmführer Gustav Herd, Leiter der Außenstelle Offenburg des
SD, des „Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS", war einer jener vielen
„Führer der Provinz", ohne die das Nazisystem nicht hätte funktionieren
können. Seine Biographie, sein Werdegang vom Bierfahrer und Hilfspolizisten
zum SS-Obersturmführer muss noch geschrieben werden. Er organisierte
den Sturz des „Kartoffelmannes", des berühmten Sir Francis Drake-
Denkmals („Feindlicher Ausländer!") in Offenburg im Jahr 1939. Seine


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