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Martin Ruch
Biographie wird aber auch sein Verhalten nach 1945 bis zum Tod in den
1990er Jahren nicht verschweigen dürfen. Er war, so viel kann gesagt werden
, ein Unbelehrbarer bis zum Schluss.
Dieser Gustav Herd schrieb am 6.12.1938 an den „Parteigenossen Oberbürgermeister
Dr. Rombach", knapp einen Monat nach dem Novemberpogrom
:
„ Wie unserer Dienststelle mitgeteilt wurde, liegen heute noch in hiesigem
Krankenhaus jüdische und arische Patienten in ein und demselben
Zimmer. So liegt z.B. seit 1.12.38 auf der med. Abt., Zimmer
3, eine Jüdin mit noch 3 weiteren Patienten. Dieselbe wurde von Frl.
Dr. Menne in das Krankenhaus eingewiesen. Auch ist es nicht ganz
erklärlich, daß eine arische Ärztin noch Juden behandelt. Diesem
Zustand muß unbedingt baldmöglichst Abhilfe geschaffen werden."
Rechtlich konnte sich Herd bei seiner Forderung auf einen neuen Runder-
lass des Reichsministeriums des Innern vom 22. Juni 1938 (IV a 2361/38-
3916) über die Unterbringung jüdischer Patienten in Krankenhäusern berufen
: „Juden sind in besonderen Zimmern unterzubringen!"
Von wem Herd die Mitteilung bekommen hatte, lässt sich nicht mit Sicherheit
sagen. Fest steht aber, dass bereits ein Tag zuvor „in der Ratsherrnsitzung
am 5.12.38 mitgeteilt wurde, daß die Arztin Dr. Menne eine
Jüdin Frau Moch (oder ähnlich) in das Krankenhaus soll eingewiesen haben
, deren Zustand soll nicht so gewesen sein, daß Krankenpflege notwendig
gewesen sei. Diese Jüdin soll zu anderen Kranken ins Zimmer gelegt
worden sein." Diese Meldung stammte von Bürgermeister Fellhauer, der
die Krankenhausdirektion mit gleichem Schreiben zur Rückmeldung in der
Sache aufforderte.
Die Antwort des Chefarztes des Städtischen Krankenhauses Dr. Herzog
vom 10.12.1938 lautete:
„Frl. Moch wurde von Frl. Dr. Menne wegen einer chronischen Gallenblasenentzündung
bereits seit Anfang November behandelt. (...)
Die Einweisung war berechtigt. Der Platzmangel im Krankenhaus
Offenburg ermöglicht es nicht, besondere Räume für jüdische Patienten
bereit zu halten. Nach meinen Erkundigungen besteht keine
gesetzliche Handhabe, jüdische Patienten abzuweisen. Da in Offenburg
und Umgebung sich kein jüdisches Krankenhaus befindet, sind
wir verpflichtet, jüdische Patienten aufzunehmen."
Die Krankenhausverwaltung wurde nun von der Stadt aufgefordert, sich in
anderen Städten umzuhören, wie man dort mit jüdischen Kranken umginge
. Sechs badische Städte meldeten zurück:
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