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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 184
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Angelika Stüwe

wobei kleine Wirtstiere oft zugrunde gehen. Die Geschlechtsreife soll aber
erst nach der Aufnahme von Säugetierblut erreicht werden.

Wenn die Jungen im Weiher nicht genügend Nahrung fanden, griffen sie
die erwachsenen Tiere an, die dann abnorme Knoten davontrugen und dadurch
für medizinische Zwecke unbrauchbar wurden oder sogar starben. In
einem solchen Fall von Kannibalismus (der von modernen Autoren geleugnet
wird) wurden die Tiere ausnahmsweise gefüttert. „Dies geschieht so:
Man fängt sie heraus und thut 400-600 Stück in ein dünnes leinenes Säckchen
, das ein starkes Meßle hält, und nun fest zugebunden wird. Sodann
gießt man 2-3 Schoppen frisches Kalbsblut in einen Hafen und taucht das
Säckchen ganz darin unter, damit die Thiere, wenn sie nun saugen, ja keine
bloße Luft in sich bekommen. "5 Nach sechsminütigem Blutbad wurden sie
herausgenommen, gut gewaschen und wieder in den Weiher gesetzt. Sofort
versteckten sich die Blutegel und kamen erst nach drei bis vier Monaten,
sichtlich gediehen, wieder zum Vorschein.

Da Blutegel bis zum vollständigen Erwachsensein drei Jahre brauchten
(bei guter Ernährung bis zum Ende des zweiten Jahres), mussten sie im
Teich überwintern. Um sich gegen Frost zu schützen, krochen sie in den
Schlamm oder - bei großer Kälte - bis vier Zoll (zwölf Zentimeter) tief in
den Boden.

Obwohl bis zu einem Drittel der Tiere jährlich verloren ging - sei es
durch Einbohren in den Boden oder die Dämme, durch natürlichen Tod
oder Vernichtung (durch Wasserkäfer, Libellenlarven, Wasserwanzen, Wasserratten
oder Wasserspitzmäuse) - belief sich der Vorrat von Michael
Schütterle auf etwa 16.000 zum Gebrauch fähige und etwa 23.000 junge
Blutegel vom Vorjahr. Die Nachfrage im In- und Ausland war aber so groß,
dass der Züchter zusätzlich eine ansehnliche Anzahl von Blutegeln von
Händlern kaufen musste.

Für seine „Bemühungen um die Emporbringung der Blutegelzucht"6
wurde Michael Schütterle von der Centraistelle des landwirthschaftlichen
Vereins in Karlsruhe mit der großen silbernen Preismedaille ausgezeichnet.
Wie lange allerdings diese Blutegelzucht bzw. der Blutegelhandel bestanden
hat, geben die Archivalien nicht genau Preis. Im Januar 1842 verkaufte
Michael Schütterle einen Blutegelwagen. „Bei Michael Schütterle, Blutegelhändler
in Dorf Kehl, ist ein noch ganz, neuer Blutegelwagen mit Druckfedern
und einem beschlüssigen Hinterkasten, der sich sehr gut für einen
Kaufmann eignet, um seine Waaren auf die Märkte zu führen, um biligen
Preis zu verkaufen."7 1855 erwähnt Schaible noch den „nicht unbedeutenden
Blutegelhandel" von Michael Schütterle „selbst über die Grenzen unseres
Landes hinaus"8. Angesichts dieser Bemerkung erscheint es verwunderlich
, dass die Blutegelweiher auf dem Übersichtsplan der Gemarkungen
Kehl Stadt und Kehl-Dorf (Zeichnung 1862, Druck 1863) nicht verzeichnet
sind, während andernorts - zum Beispiel in Kork und Auenheim - die Be-


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