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Gerhanl Finkbeiner
schreibe es ab und hänge es seinem Hund um den Hals und schieße
nach ihm, so wird er erfahren, dass es wahr ist.
Wer diesen Brief bei sich hat, der wird nicht gefangen, noch durch des
Feindes Waffen verletzt werden. Amen.
So wahr, dass Christus gestorben ist und gen Himmel gefahren ist, so
wahr auch auf Erden gewandelt, kann er nicht gestochen noch an dem
Leibe verletzt werden. Und Fleisch und Blut sollen unverletzt bleiben.
Ich beschwöre alle Gewehre, alle Waffen dieser Welt bei dem Gott, des
Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.
Ich bitte im Namen unseres Heilandes Jesus Christi Blut, dass mich
keine Kugel trifft, sei sie von Gold, Silber oder Blei. Im Namen Gottes,
des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.
Gott im Himmel macht mich von Allem frei. Dieser Brief ist vom
Himmel gesend und ist in Holstein gefunden worden 1742.
Seelbach, den 6. Oktober 1912 August Fehrenbacher
Zentrales Motiv aller drei „Schutzbriefe" ist der Glaube an die Möglichkeit
unmittelbarer Einwirkung göttlicher und magischer Kräfte auf irdische Geschehnisse
zum Vorteil menschlicher Daseinsbewältigung. Während der
christlich denkende Mensch glaubt, die Hilfe göttlicher Personen erfahren
zu können, ist sich der im magischen Denken verhaftete Mensch gewiss,
dass die Einflussnahme auf das Irrationale allein durch menschliche Fähigkeiten
und Kräfte geschieht - und erzwungen werden kann.
Für den katholisch gläubigen Familienvater August Fehrenbacher standen
die „Schutzbriefe" mit ihren religiösen und magischen Denkstrukturen
offensichtlich nicht im Widerspruch zur Glaubensverkündigung der Amtskirche
. Denn „Schutzbriefe" waren in der Volksfrömmigkeit1 seit dem
17. Jahrhundert ein gebräuchliches Mittel, um sich, seine Familie, sein
Haus und seinen Besitz vor den allgegenwärtigen Mächten des Bösen zu
schützen.
Anmerkungen
1 Vgl. Fassbinder, Stefan: Eine geistliche Apotheke aus dem Schuttertal. In: Die Orte-
nau, 1997, 363-387.
Gerhard Finkbeiner, Modoscher Str. 24. 77978 Schuttertal
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